Sitzenbleiben abgeschafft: In Berlin und Hamburg kein Wiederholen mehr

Sitzenbleiben: Jedes Jahr müssen in Deutschland circa 250.000 Schüler eine Klasse wiederholen. Das dabei aufkommende Gefühl des Scheiterns wollen einige Bundesländer den Kindern nun ersparen. Zumal ihre Regierungsvertreter der Ansicht sind, dass Sitzenbleiben eher schadet und wenig bringt. Ihre Lösung lautet: Das Sitzenbleiben wird abgeschafft. An seine Stelle tritt eine gezielte Förderung. Berlin und Hamburg sind die Vorreiter.

Berlin schafft Sitzenbleiben ab

In Berlin wird das Schulsystem eifrig reformiert. Der jüngste Coup: Schüler sollen nicht mehr sitzen bleiben. In den neuen Sekundarschulen, die aus der Zusammenlegung der Haupt- und Realschulen gebildet werden, ist Sitzenbleiben ab dem Schuljahr 2010/2011 nicht mehr vorgesehen.

Freiwilliges Wiederholen einer Klasse weiterhin möglich

Mit Ausnahmen: Eine Klasse zu wiederholen ist auch zukünftig, allerdings nur auf freiwilliger Basis möglich. Oder dann, wenn es eine Bildungs- und Erziehungsvereinbarung zwischen Eltern und Schule gibt. Die dahinter stehende Ideologie ist klar: „Die meisten Schüler, die wiederholen, werden ihre Leistung dadurch nicht unbedingt verbessern“, sagt die Berliner SPD-Bildungsexpertin Felicitas Tesch.

Peter Sinram von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft meint: „Alle Kinder haben ihr eigenes Lerntempo“. Sitzenbleiben führe zur „sozialen Stigmatisierung“, da es ein Misserfolgserlebnis für den betroffenen Schüler sei.

Sitzenbleiben abschaffen geht nur mit Förderung

Die Abschaffung des Sitzenbleibens geht Hand in Hand mit einem gezielten Ausbau der individuellen Förderung. In Berlin wurden die Klassengrößen von 29 auf 25 Schüler verkleinert. Leistungsschwache Schüler, die nach dem alten System sitzengeblieben wären, werden durch verpflichtende Förderpläne und das Programm „Duales Lernen“ gefördert.

Auch in Hamburg ist Sitzenbleiben bald „out“

Hamburg wählt eine schrittweise Herangehensweise an die Abschaffung des Sitzenbleibens. Bereits mit Beginn des Schuljahres 2010/2011 gibt es in der siebten Klasse kein Wiederholen mehr. Ab dem darauffolgenden Jahr wird das Sitzenbleiben auch in Klasse acht abgeschafft.

Weitere Bundesländer reformieren

Das Modell macht Schule. In Schleswig-Holstein gibt es Sitzenbleiben beispielsweise nur noch beim Übergang von der sechsten in die siebte und von der neunten in die zehnte Klasse. Um zu vermeiden, dass ein Schüler zurückbleibt, bieten mehrere Bundesländer inzwischen auch Nachprüfungen.

Bildnachweis: Africa Studio / stock.adobe.com