Insolvenz des Arbeitgebers: 1. Folgen für Arbeitnehmer

In deutschen Unternehmen ist - bedingt durch die weltweite Wirtschaftskrise und einem bedeutenden Einbruch beim Exportgeschäft - seit Monaten Kurzarbeit angesagt. Wenn allerdings das Instrument Kurzarbeit versagt und auch eine Reduzierung der Belegschaft das Unternehmen nicht aus den roten Zahlen bringt, bleibt der Geschäftsführung unter Umständen kein anderer Weg, als Insolvenz anzumelden.

Insolvenz bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit
Ein Unternehmen muss Insolvenz anmelden, wenn es zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Diesbezüglich stellt sich vor allem die Frage, ab wann von "Überschuldung" gesprochen wird, sodass aufgrund einer Überschuldung Insolvenz angemeldet werden muss.

Der Begriff der Überschuldung wurde mit der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung (InsO) kodifiziert. Gemäß dem in § 19 der InsO definierten Überschuldungsbegriff war für juristische Personen dann die Insolvenz anzumelden, wenn sich aus einem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen erstellten Überschuldungsstatus eine Überschuldung ergab. Die Überschuldung war dabei zu Liquidationswerten zu ermitteln, konnte allerdings unter einer Fortführungsprämisse ermittelt werden, wenn die Fortführung des Unternehmens sehr wahrscheinlich war.

Keine Insolvenz trotz Überschuldung
Mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) hat der Gesetzgeber die Definition für die insolvenzrechtliche Überschuldung, die zur Insolvenzantragspflicht führt, wesentlich verändert.

Mit der jetzt bis zum 31. Dezember 2013 gültigen Fassung des § 19 InsO braucht ein Überschuldungsstatus nicht erstellt werden, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. In diesem Fall muss auch keine Insolvenz angemeldet werden.

Die Insolvenz des Arbeitgebers
Muss der Arbeitgeber trotz der neuen Definition des Überschuldungsbegriffs Insolvenz anmelden, wird zunächst ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, der – unter Umständen auch zusammen mit der bisherigen Unternehmensführung – das Unternehmen weiter führt.

Das Insolvenzverfahren
Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Insolvenzverwalter versuchen, möglichst viel Gewinn, zum Beispiel aus Verkäufen, zu erwirtschaften. Das Ziel des Insolvenzverfahrens besteht darin, profitable Unternehmensbereiche und damit möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, andererseits aber auch die Forderungen der Gläubiger zu erfüllen. Ist dies nicht möglich und findet sich auch kein Investor, der das insolvente Unternehmen übernehmen möchte, ist es das Ziel des Insolvenzverfahrens, das Unternehmen geordnet aufzulösen.

Auswirkungen der Insolvenz auf das Arbeitsverhältnis
Grundsätzlich werden die bestehenden Arbeitsverhältnisse von der Insolvenz nicht berührt, d. h. die Arbeitnehmer arbeiten "ganz normal" weiter. Allerdings übernimmt der Insolvenzverwalter nicht nur die Geschäftsführung sondern auch die Funktion des Arbeitgebers. Somit kann der Insolvenzverwalter Kündigungen aussprechen, Aufhebungsverträge unterschreiben oder Arbeitszeugnisse verfassen.

Gehaltsanspruch bei Insolvenz des Arbeitgebers
Grundsätzlich besteht so lange Anspruch auf Zahlung von Lohn und Gehalt, bis die Kündigung eines Arbeitnehmers wirksam ist. Allerdings zahlt bei der Insolvenz nicht der ursprüngliche Arbeitgeber, sondern der Insolvenzverwalter die Löhne und Gehälter.

Dieser grundsätzliche Anspruch auf Zahlung von Löhnen und Gehältern erlischt selbst dann nicht, wenn der Insolvenzverwalter bestimmte Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt.

Leider bedeutet dieser Anspruch auf Zahlung von Lohn und Gehalt noch nicht, dass Arbeitnehmer die Löhne und Gehälter auch tatsächlich bekommen. Vielmehr reihen sich die Arbeitnehmer des insolventen Unternehmens mit ihren Forderungen lediglich in die Reihe der anderen Gläubiger des Unternehmens ein. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden Löhne und Gehälter allerdings als sogenannte Masseverbindlichkeit bevorzugt beglichen, also z. B. vor Bankenforderungen oder Forderungen von Lieferanten.