Wenn der Azubi vor Beginn der Ausbildung kündigt

Es kommt gar nicht so selten vor, dass ein unterschriebener Ausbildungsvertrag dann doch nicht zu einem Ausbildungsverhältnis führt. Manch ein Bewerber erhält ein weiteres Angebot und kann dem nicht widerstehen. Der Azubi kündigt bei Ihnen. Wie können Sie reagieren?

Die Lage auf dem Bewerbermarkt ist aus Sicht derjenigen, die sich um einen Ausbildungsplatz bemühen, geradezu rosig. Auf viele Ausbildungsplätze bewirbt sich nur ein einziger Schulabgänger, auf manche gar keiner. Die Chance, leer auszugehen, ist aus Sicht des Schulabgängers, der ernsthaft auf Ausbildungsplatzsuche ist, sehr gering. Aus Ihrer Sicht als Ausbilder sieht die Lage dagegen alles andere als gut aus.

Es wird auch in diesem Jahr wieder enorm schwierig, alle Ausbildungsplätze adäquat zu besetzen. Wenn Sie jetzt im Frühjahr bereits alle Verträge unter Dach und Fach haben, dann befinden Sie sich in einer beneidenswerten Situation. Denn viele Ihrer Kollegen sind noch verzweifelt auf der Suche nach Bewerbern. Aber auch Sie können sich nicht ganz sicher sein, dass Sie am 1. August oder 1. September tatsächlich alle Ausbildungsplätze besetzt haben.

Gegen eine Vorab-Kündigung des Bewerbers können Sie rechtlich nichts unternehmen

Denn schließlich kann es passieren, dass ein potentieller Azubi die Ausbildung bei Ihnen dann doch nicht beginnt. Möglicherweise hat er ein weiteres Angebot erhalten, das ihm mehr zusagt. Das muss noch nicht einmal an der vermuteten Qualität der Ausbildung liegen, sondern kann einen ganz profanen Grund haben: zum Beispiel die räumliche Nähe des Ausbildungsbetriebs.

Wenn der Azubi sich dann für die Konkurrenz entscheidet und Ihnen eine Kündigung schreibt, die sogar zu den Bedingungen der Probezeit fristlos erfolgen kann, dann können Sie mit rechtlichen Mitteln nichts mehr erreichen. Der Azubi hätte nämlich korrekt gehandelt.

Noch schlimmer wäre es, wenn sich der Azubi gar nicht meldet, einen anderen Vertrag unterschreibt und im Spätsommer ohne Vorankündigung bei Ihnen einfach so nicht auftaucht. Dann hat er nicht gekündigt und ist vertragsbrüchig geworden. Das nutzt Ihnen aber eigentlich gar nichts, denn auch dann werden Sie ihn nicht dazu bewegen können, die Ausbildung bei der Konkurrenz wieder abzubrechen und bei Ihnen anzufangen.

Das macht schon aus atmosphärischen Gründen keinen Sinn – die Ausbildung wäre einfach zu belastet. Der Nachteil wäre für Sie noch gravierender: Denn wenn Sie erst ab August oder September die Möglichkeit haben, sich um Ersatz zu kümmern, dann ist der Markt erst recht abgegrast. Ihre Chancen stehen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gut.

Tipp: Bleiben Sie auch nach der Vertragsunterschrift mit ihrem künftigen Azubi in Kontakt. Schicken Sie ihm beispielsweise Ihre Mitarbeiterzeitung zu. Das bindet ihn und verringert das Risiko, dass der potentielle Azubi noch "fremdgeht".