Vorstellungsgespräch: Müssen Sie einen Azubi dafür freistellen?

In der Regel können nicht alle Azubis nach der Ausbildung übernommen werden. Manche sind gezwungen, sich neu zu bewerben. Wenn sie dann zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, sind auch Sie als Ausbildungsverantwortlicher gefordert. Denn der Azubi muss hierfür normalerweise keinen Urlaub nehmen.

Wenn die Ausbildung zu Ende geht, werden wie in jedem Jahr einige Auszubildende übernommen, andere nicht. Ihre Entscheidung sollten Sie den Azubis möglichst frühzeitig mitteilen, damit sie planen können. Keine Übernahme bedeutet für den einzelnen Azubi nämlich letztlich: Er muss sich erneut bewerben. Kommt dann ein Vorstellungsgespräch auf ihn zu, stellt sich die Frage: Müssen Sie den Azubi für diesen Termin freistellen?  

Diese Frage wird in § 629 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Dort steht sinngemäß: Nach der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Arbeitgebers für ein Vorstellungsgespräch zu gewähren.

Gilt das auch für ein Vorstellungsgespräch während der Ausbildung?  
Aber was heißt das jetzt für ein Ausbildungsverhältnis? Das wurde ja schließlich nicht gekündigt, sondern wird per Vertrag bzw. per Abschlussprüfung beendet. Hier hilft uns die geltende Rechtsprechung weiter. Danach zieht § 629 BGB auch dann, wenn es sich um ein nicht gekündigtes, aber auslaufendes befristetes Arbeitsverhältnis oder auch Ausbildungsverhältnis handelt. Für das Vorstellungsgespräch ist der Azubi also freizustellen. 

Wenn also ein Azubi, der nicht übernommen wird, im letzten Ausbildungsabschnitt auf Sie mit der Bitte um Freistellung für ein Vorstellungsgespräch zukommt, dann gibt es nur eine Antwort: "Kein Problem!" Weisen Sie den Azubi aber darauf hin, dass er in der Regel nicht den ganzen Tag “freimachen“ darf. Je nachdem, wann das Vorstellungsgespräch stattfindet, hat der Azubi vorher und/oder hinterher im Betrieb zu erscheinen. 

Ausnahme: Macht das Vorstellungsgespräch eine längere Anreise erforderlich, dann kann auch mal ein ganzer Tag der Ausbildung ausfallen. Wer beispielsweise 400 Kilometer anreisen muss, um einen Termin in der Mittagszeit wahrzunehmen, der ist selbstverständlich ganztägig freizustellen.