Kann man den Ausbildungsvertrag einseitig ändern?

Wenn der Azubi den Ausbildungsvertrag unterschrieben hat, der Betrieb aber noch nicht, ist er noch nicht zustande gekommen. Heißt das aber, dass man den Ausbildungsvertrag dann noch einseitig ändern kann?

Eigentlich sollten die Unterschriften unter einen Ausbildungsvertrag (nahezu) gleichzeitig erfolgen – im besten Falle im Rahmen eines gemeinsamen Termins. Das hat etwas Verbindliches und gleichzeit auch einen feierlichen Charakter. Im Regelfall wird der Ausbildungsvertrag zum Leisten der Unterschrift allerdings per Post verschickt. Ist dies der Fall, dann sollten die beiden Unterschriften auch nur wenige Tage auseinander liegen. Lässt sich ein Ausbildungsvertrag aber einseitig verändern, wenn die andere Partei noch nicht unterschrieben hat?

Ausbildungsvertrag: Betrieb nahm einseitige Änderung vor 
In einem Fall, der letztlich vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschieden wurde, war das ganz und gar nicht so (Az. 10 Sa 1584/08 vom 15.5.2009). Der Azubi unterschrieb den Ausbildungsvertrag im Februar, der Betrieb wartete aber erst mal ab, ob der Auszubildende den Schulabschluss auch schaffen würde und leistete erst zu Beginn der Ausbildung am 1. September seine Unterschrift .

Das Problem: Zum Zeitpunkt der Unterschrift durch den Azubi galt für die Vergütung noch ein Tarifvertrag, der allerdings kurz darauf gekündigt wurde. Als der Betrieb den Ausbildungsvertrag unterschrieb, galt dieser nicht mehr. Das vermerkte der Ausbildungsverantwortliche vor seiner Unterschrift. Und er zahlte letztlich weniger, als es der ursprüngliche Tarifvertrag vorsah. 

Antrag und Annahme: So kommt ein Ausbildungsvertrag zustande 
Nach Beendigung der Ausbildung klagte der Azubi auf eine Nachzahlung von 420€. Diese würde ihm nach dem ursprünglichen Ausbildungsvertrag zustehen, den er so auch unterschrieben habe. Das Arbeitsgericht Lingen konnte seiner Argumentation folgen und gab ihm Recht. Der Ausbildungsbetrieb ging allerdings in Berufung und zog vor das Landesarbeitsgericht (LAG). Und er hatte Erfolg.

Seiner Meinung war der ursprüngliche Vertrag nicht zustande gekommen. Der Antrag des Auszubildenden (seine Unterschrift) wurde nicht durch eine Annahme bestätigt. Der geänderte Vertrag des Betriebes galt als neuer Antrag. Dieser wurde angenommen, indem die Ausbildung absolviert wurde. Das LAG sah dies genauso und der Betrieb musste folglich kein Geld nachzahlen.