Abmahnung: Wenn die gelbe Karte unvermeidlich ist

Ich erhalte manchmal Leserpost von Auszubildenden, die abgemahnt wurden bzw. denen eine Abmahnung angedroht wurde, ohne dass hierzu auch nur annähernd eine Berechtigung vorliegt. Die Folge: Verzweiflung und Frust in der Ausbildung. Leider gibt es unter Ausbildungsbetrieben schwarze Schafe, die hierfür verantwortlich sind.

Das Thema Abmahnung ist für den Ausbilder ein sehr heikles. Hierbei sind nämlich sowohl fundierte arbeitsrechtliche Kenntnisse als auch Einfühlungsvermögen gefragt. Ansonsten riskiert man, das gesamte Ausbildungsverhältnis zu gefährden, und zusätzlich seinen guten Ruf als Ausbildungsbetrieb.

Der ist beispielsweise in dem Fall nicht gewahrt worden, in dem einem Azubi aufgrund entschuldigter Fehlzeiten(Krankheit) eine Abmahnung geschrieben wurde und er sich in der Folge an mich wandte. Ich habe ihm natürlich empfohlen, dagegen vorzugehen.

Eine Abmahnung sollte der Ausnahmefall sein

Eine Abmahnung sollte genau abgewogen und nur im Ausnahmefall geschrieben werden. Das schließt nicht aus, dass dieser Ausnahmefall bei einzelnen Auszubildenden öfter vorkommt, bei den meisten hingegen niemals. Ein klassischer Abmahnungsgrund ist das unentschuldigte Fehlen in Schule und Betrieb oder aber auch häufige morgendliche Verspätungen.

Es ist Ihre Aufgabe als Ausbilder, dem Azubi korrektes Verhalten beizubringen – dazu dürfen und sollten Sie auch das arbeitsrechtliche Instrumentarium nutzen. Das gilt zumindest dann, wenn Gespräche nicht gefruchtet haben und der Azubi offenbar gezielt seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Mit dem Formulieren einer Abmahnung zwei Zielen gerecht werden

Mit einer Abmahnung verfolgen Sie im Grunde genommen zwei Ziele: Das wichtigere von beiden ist, den Auszubildenden wieder in die Spur zu bekommen. Dann wäre beiden Seiten geholfen und Sie können die Abmahnung – beispielsweise nach sechs Monaten – wieder aus der Personalakte entfernen. Das Thema ist durch.

Das zweite Ziel wird dann wichtig, wenn der Azubi auf die Abmahnung nicht reagiert und es gegebenenfalls auch bei weiteren Abmahnungen nicht tut. Dann könnte nämlich – im Ausnahmefall – eine Kündigung fällig werden. Und nur, wenn eine Abmahnung tatsächlich geschrieben und diese korrekt formuliert wurde, wird eine Kündigung möglich sein. Eine Abmahnung dient also auch der Vorbereitung einer(möglichst zu vermeidenden) Kündigung.

Wann eine Abmahnung unangemessen ist

Im extremen Ausnahmefall kann eine Abmahnung aber auch unter ganz anderen Vorzeichen unangemessen sein: Wenn ein Azubi beispielsweise die Geldbörse des Chefs stiehlt oder einen Kollegen krankenhausreif schlägt, wäre eine Abmahnung eine zu schwache arbeitsrechtliche Konsequenz. In solchen Fällen ist es in der Tat auch in Ausbildungsverhältnissen möglich, dem Azubi direkt und fristlos zu kündigen. Hier hat der Schutz der Kollegen einfach Vorrang.