Wie Sie als Deutscher internationale Projektteams leiten

Sie sind Projektleiter aus Deutschland und haben ein internationales Projektteam. Für den Projekterfolg ist es wichtig, dass Sie wissen, wo typisch deutsche Erwartungen mit den Erwartungen Ihrer Projektmitarbeiter kollidieren könnten, um die Zusammenarbeit wirklich effektiv zu gestalten. In einem weiteren Artikel erhalten Sie dann konkrete Tipps für Ihren Projektalltag als internationaler Projektmanager.

Der kulturvergleichende Psychologe Alexander Thomas hat das Modell der Kulturstandards entwickelt und hierzu mit Sylvia Schroll-Machl sieben deutsche Kulturstandards herausgearbeitet.

Erkennen Sie Ihren eigenen kulturellen Hintergrund

Bei diesen Kulturstandards handelt es sich um typische Eigenschaften von Deutschen im Arbeitskontext, die anderen Nationen bei der Zusammenarbeit mit uns auffallen. Als internationaler Projektmanager sollten Sie diese deutschen Kulturstandards für sich reflektieren und interkulturelle Fallstricke rechtzeitig erkennen.

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Wir Deutschen kommen gerne schnell zur Sache

Wir Deutschen sind im Geschäftsleben im Allgemeinen sachorientiert.
Es gilt als professionell, Emotionen bei der Arbeit auszublenden und
Smalltalk auf ein Minimum zu reduzieren. Wir halten unser Berufs- und
Privatleben gerne getrennt. Wenn wir uns als neuer Projektleiter
vorstellen, beschränken wir uns zum Beispiel auf die beruflichen
Kompetenzen und Erfahrungen. Auf nicht-Deutsche, die anderes gewohnt
sind, wirken wir dadurch oft distanziert und wenig authentisch.

Wir Deutschen planen gerne und lieben Regeln und Prozesse

Rollen, Strukturen und Prozesse sind im deutschen Berufskontext oft
wichtiger als im internationalen Vergleich. Andere Nationen benötigen
nicht so viele Strukturen und fühlen sich von engen Prozessen unnötig
eingeengt. Menschen aus anderen Kulturkreisen erkennen auch nicht
unbedingt den Sinn darin, viele Regeln aufzustellen und detailliert zu
planen. Ihre Stärken liegen mehr im Improvisieren.

Wir Deutschen haben jedoch nicht nur viele Regeln und Gesetze, wir
halten sie auch meist ein und erwarten das auch von anderen. Auf
Nicht-Deutsche wirkt dieses Verhalten manchmal stur und unflexibel. Wenn
wir jemandem eine Aufgabe geben, erwarten wir in der Regel auch, dass
dieser diese Aufgabe zuverlässig erledigt, ohne dass wir noch mehrere
Male nachhaken müssen. In anderen Ländern ist das jedoch nicht unbedingt
üblich, da ja immer etwas Wichtiges dazwischenkommen kann.

Wir Deutschen lieben Termine und ungestörtes konzentriertes Arbeiten

Termine sind uns Deutschen in der Regel sehr wichtig und diese
sollten genau eingehalten werden. In anderen Ländern herrscht jedoch ein
anderes Verständnis von Pünktlichkeit und Terminvorgaben. Termine
können dort zum Beispiel mehr als ein Zeitrahmen als ein genauer
Zeitpunkt verstanden werden. Auch neigen wir Deutschen eher dazu, eine
Aufgabe nach der anderen abzuarbeiten, während Menschen anderer
kultureller Herkunft vielleicht häufiger mehrere Sachen parallel machen
(Multitasking) und Unterbrechungen stets willkommen heißen.

Wir Deutschen lieben es direkt, ehrlich und ohne Umschweife

Wir Deutschen kommunizieren gerne direkt und geben offen und ehrlich
Feedback. Wir sagen, was wir meinen. Bei anderen Nationen, die mehr
indirekt kommunizieren, kommt diese Art der Kommunikation nicht immer
gut an. Sie empfinden unsere Art der Kommunikation oft als unfreundlich
oder sogar aggressiv. Manchmal werden wir auch als sehr negativ
eingestellt angesehen, da wir eher Kritik verteilen als Lob. In manchen
anderen Kulturen ist es nicht üblich, Kritik offen zu äußern. In vielen
Ländern wird auch viel schneller gelobt als bei uns in Deutschland.

Bei uns Deutschen steht die individuelle Leistung im Vordergrund

Deutschland ist wie die meisten westlichen Länder ein sehr
individualistisches Land. In mehr kollektivistischen Ländern, wie zum
Beispiel in weiten Teilen Asiens, spielt die Gemeinschaft, das Team und
die weitere Familie eine größere Rolle als bei uns. Das kann sich auch
bei den Auffassungen zu Aufgabenverteilung und bei der Teamarbeit
bemerkbar machen.

Lesen Sie hier den zweiten Teil der Artikelserie:
"Internationale Projektteams leiten – aus deutscher Sicht"