Die Ähnlichkeitsfalle
Die internationale Businesswelt benutzt das gleiche Smartphone, trägt ähnliche Anzüge und Kostüme, Konferenzräume sind mit den gleichen Möbeln ausgestattet. Koreanische Geschäftspartner kennen die gleichen Kinofilme wie ihre internationalen Kollegen und nutzen die gleiche App, um ihre persönlichen Sporterfolge zu dokumentieren. Die russische Kollegin liebt den gleichen Designerduft und verfolgt den gleichen Modeblog im Internet.
Und schon tappt man in die "Ähnlichkeitsfalle": Stimmen doch so viele Dinge mit den internationalen Kolleginnen, Geschäftspartnern oder Kunden überein, wo sollen die Unterschiede liegen? Na ja, in Asien isst man mit Stäbchen, in den arabischen Ländern gibt man einer Frau nicht die Hand, in Frankreich werden Geschäfte beim Essen geschlossen und in Japan betritt man Räume möglichst ohne Schuhe. Und wenn Verhandlungen so völlig anders ablaufen, dann sind "die Chinesen" eben noch nicht so geübt im Harvard-Modell und "lernen das schon noch" von uns.
Kultur ist ein Eisberg
Leider beschränken sich kulturelle Unterschiede nicht auf die klassischen Etikette-Themen wie Begrüßung, Verhalten beim Business Dinner oder die berühmte Visitenkartenübergabe. Man könnte auch sagen, dass an einer falsch überreichten Visitenkarte noch kein Geschäftsabschluss gescheitert ist, an nicht verstandenen Hierarchien und der Nichtbeachtung verborgener Kommunikationsregeln schon eher.
Beim Zusammentreffen mit einer fremden Kultur nimmt man die sichtbaren Anteile, also die Kleidung, die Architektur, die Kunst, die Ausstattung des Unternehmens wahr. Viel entscheidender für die erfolgreiche internationale Zusammenarbeit sind die unsichtbaren Anteile einer jeden Kultur: wie zum Beispiel Verständnis von Zeit, Umgang mit Hierarchie, Wertvorstellungen, Verständnis von "Wahrheit" oder das Konzept der Kindererziehung. All diese Themen beruhen auf Erfahrungen, sind emotional stark verankert und verändern sich nur über einen sehr langen Zeitraum.
Diese unsichtbaren Merkmale haben am Verhalten den größten Anteil – genau wie bei einem Eisberg, bei dem sich ca. 2/3 unter Wasser befinden.
Und genau mit diesen unsichtbaren Anteilen beurteilt man unbekanntes Verhalten, man tendiert dahin die anderen auf das zu reduzieren, was man unmittelbar von ihnen wahrnimmt. So erscheint die eigene Wahrnehmung der Dinge als einzig gültige, da natürlich und selbstverständlich.
Daher sollte man uns in internationalen Begegnungen Wissen über den unsichtbaren Teil des Eisberges aneignen – also in die fremde Kultur eintauchen und nicht nur am Eisberg vorbeifahren.