Quotenvorrecht: Erhalten Sie Schadensersatz trotz Mitverschulden

Das sogenannte Quotenvorrecht gilt in allen Versicherungszweigen. Bei Autounfällen sind die Vorteile für den durch Vollkasko versicherten Fahrer aber immens. Er kann sich in vielen Fällen alle Schäden ersetzen lassen, auch wenn ihn eine Teilschuld trifft. Im Gegensatz zur Kfz-Haftpflichtversicherung ist eine Kaskoversicherung nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Wenn Sie einen Unfall allein verursacht haben, ist die gegnerische Haftpflichtversicherung natürlich zu keiner Zahlung verpflichtet. Sie können dann nur Ihre Kaskoversicherung in Anspruch nehmen, die Ihnen im Regelfall nur die Reparaturkosten abzüglich der Selbstbeteiligung erstattet. Weitere Schadenspositionen wie etwa Abschlepp- oder Gutachterkosten, eine tägliche Nutzungsausfallentschädigung oder die Kosten eines Mietwagens müssen Sie dann selbst tragen.

Trifft Sie kein Verschulden ist der Fall ebenfalls klar. Der Gegner
muss für alle Schäden aufkommen, ohne dass Sie Ihre Kaskoversicherung in
Anspruch nehmen müssten. 

Wenn Sie eine Teilschuld trifft…

Trifft Sie aber eine Teilschuld oder wird eine Teilschuld vom
gegnerischen Versicherer behauptet, kann es sinnvoll sein, zunächst die
eigene Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, um vom Gegner dann
entsprechend der Haftungsquote einen Anteil vom Gesamtschaden zu
verlangen, der aber Ihren tatsächlichen Restschaden immer noch voll
abdeckt. 

Sie müssen zumindest dann keinen langwierigen Prozess führen, wenn der Gegner eine Teilschuld einräumt.

Verständlich wird diese Regelung anhand von konkreten Berechnungsbeispielen:

Nach einem Unfall habe ich Reparaturkosten von 10.000,- Euro. Der Wert meines Fahrzeuges wurde außerdem um 1.000,- Euro gemindert. Weitere 1.000,- Euro verlangt der Sachverständige für seine Begutachtung. Daneben sind noch Abschleppkosten von 250,- Euro und 250,- Euro für einen Mietwagen angefallen. Insgesamt habe ich also Schäden von 12.500,- Euro.

Meine Kaskoversicherung sieht eine Selbstbeteiligung von 2.000,- Euro vor. Da sie auch nur die Reparaturkosten abdeckt, habe ich gegenüber der Kaskoversicherung lediglich einen Anspruch von 8.000,- Euro. Dieser Anspruch ist nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit eingeschränkt.

Wenn mich beim Unfall nun aber ein Mitverschulden von 50% trifft, empfiehlt es sich trotzdem, erst die Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Der Restschaden von noch 4.500,- Euro kann nun nämlich nicht nur in Höhe der 50%igen Quote, sondern nahezu vollständig geltend gemacht werden. Lediglich bei den Mietwagenkosten kann es Einschränkungen geben, die hier aber unberücksichtigt bleiben sollen.

Der gegnerische Haftpflichtversicherer müsste hier grundsätzlich die Hälfte der Gesamtschäden begleichen, also 6.250,- Euro. Da ich aber nur noch einen Schaden von 4.500,- Euro habe, ist mein Anspruch darauf beschränkt. Trotzdem werden alle meine Schäden ausgeglichen.

Hätte ich gleich den Gegner in Anspruch genommen und dieser entsprechend der Quote 6.250,- Euro bezahlt, hätte ich meinen Kaskoversicherer nur auf die restlichen Reparaturkosten in Anspruch nehmen können. Da der Gegner hierauf schon 5.000,- Euro bezahlt hat, wären dies nur noch weitere 5.000,- Euro, so dass ich insgesamt 11.250,- Euro erhalten hätte. Das Quotenvorrecht bringt mir in diesem Beispielsfall also weitere 1.250,- Euro ein.