Bedeutet eine Überkreuzvermietungen sofort Gestaltungsmissbrauch?

Häufig ist es so, dass man im Steuerrecht nicht einfach ja oder nein sagen kann. Ähnlich ist es bei der Beurteilung einer Überkreuzvermietung. Ob hier ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt oder nicht, entscheidet sich anhand von Details. Diese finden Sie hier!

Definition Überkreuzvermietungen
Unter einer Überkreuzvermietung versteht man die wechselseitige Nutzung von Objekten, die jeweils im Eigentum des Anderen stehen. Beispiel: Während Person A die Immobilie(neinheit) bewohnt, welche Person B gehört, bewohnt dieser die im Eigentum von Person A stehende Immobilie(neinheit).

Grundsätzlich lässt es sich bei den Überkreuzvermietungen nicht sagen, ob die geschlossenen Mietverträge steuerliche Anerkennung erfahren oder ob nicht doch ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Im Ergebnis kommt es hier auf die Details der Fallgestaltung an. En Gros sind zunächst einmal Sachverhalte mit und ohne vorheriger Grundstücksübertragung zu unterscheiden.

Vorherige Immobilienübertragung
Ein Urteil des Bundesfinanzhofs sagt, dass die Immobilienübertragung auf einen Verwandten verbunden mit einer sofortigen wechselseitigen Vermietung allgemein kein Gestaltungsmissbrauch ist.

Im entschiedenen Fall bewohnten Mutter und Sohn ein im Eigentum der Mutter stehendes Zweifamilienhaus. Während die Mutter das Erdgeschoss zu eigenen Wohnzwecken nutzte, war das Obergeschoss entgeltlich und zu fremdüblichen Bedingungen an den Sohn vermietet.

In Vorbereitung der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn ließ die Mutter das Zweifamilienhaus in zwei Eigentumswohnungen aufteilen und übertrug schließlich die von ihr genutzte Erdgeschosswohnung auf ihren Sohn. Während das Obergeschoss aufgrund eines steuerlich anzuerkennenden Mietvertrages weiterhin vom Sohn bewohnt wurde, vermietete dieser das Untergeschoss unter ebenso fremdüblichen Bedingungen an seine Mutter.

Der Bundesfinanzhof konnte nichts entdecken, das die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs hätte rechtfertigen können. Der Mutter hat es vollkommen frei gestanden über ihr Eigentum zu verfügen. Da der Sohn auch nicht unterhaltsbedürftig gewesen ist, ist es insbesondere nicht geboten gewesen, die durch den Sohn bewohnte Einheit zu übertragen.

Auch der neue Mietvertrag ist nicht zu beanstanden, denn ebenso wie es dem neuen Eigentümer frei steht, in welcher Weise er über sein Eigentum verfügt, steht es auch der Mutter frei, wieder zurück zu mieten.

Im Ergebnis ist es daher im vorliegenden Fall möglich und nicht zu beanstanden, dass sämtliche Immobilienaufwendungen in der einen oder der anderen Steuerklärung einen steuermindernden Ansatz finden.

Ohne vorherige Grundstücksübertragung
Auch ohne vorherige Immobilienübertragung kann eine wechselseitige Überlassung von Immobilien aus gestalterischer Hinsicht Sinn machen. Folgender Fall: Die Eltern wohnen  seit Jahren in einem ihnen gehörenden Haus (Nr.1) bis der Sohn das benachbarte Wohngrundstück (Haus Nr. 2) kaufte. Nach erfolgtem Umzug der Eltern in Haus Nr. 2, vermiete dieser das Objekt an seine Eltern unter fremdüblichen Bedingungen, während die Eltern ihr Eigentum (Haus Nr. 1) unentgeltlich dem Sohn zur Nutzung überließen.

Auch hier war das Votum der Richter eindeutig, da lediglich der Mietvertrag für Haus Nr. 2 unter fremdüblichen Bedingungen abgeschlossen werden muss, damit der Sohn tatsächlich und steuerwirksam Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

Aufwendungen, wie Schuldzinsen, Abschreibung und sonstige Hauskosten stellen steuerlich abzugsfähige Werbungskosten dar. Hätte der Sohn Haus Nr. 2 selber genutzt, wäre im Familienverbund aus wirtschaftlicher Sicht der Sachverhalt identisch, jedoch wären keinerlei Aufwendungen steuerlich berücksichtigungsfähig.

Dennoch ist ein Gestaltungsmissbrauch nicht einschlägig, da die wechselseitige Nutzungsüberlassung nicht darauf gerichtet ist, sich wechselseitig die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Werbungskostenüberschüssen zu verschaffen, die bei Eigennutzung durch die Eigentümer nicht geltend gemacht werden könnten.

Der Steuerpflichtige ist nicht verpflichtet, seinen Eltern das Haus unentgeltlich zu überlassen. Den Eltern steht es überdies frei, ihren Kindern Vermögensgegenstände unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen. Die Steuerersparnis ist daher gesichert.

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Gestaltungsmissbrauch möglich
Insbesondere aus dem vorgenannten Urteil ist zu entnehmen, dass eine gestaltungsmissbräuchliche Konstellation gegeben sein kann, wenn die daraus resultierende wechselseitige Geltendmachung der Werbungskosten stattfindet oder sogar im Vordergrund steht. So entschied der Bundesfinanzhof bereits in einem Fall (Az: IX R 134/86).

Im hier entschiedenen Einzelfall wurde die wechselseitige Vermietung zweier nahezu identischer Wohnungen in derselben Wohnanlage nicht anerkannt. Die Immobilien wurden am selben Tag angeschafft und auch die wechselseitigen Mietverträge wurden am selben Tag abgeschlossen.

Die Überkreuzvermietung fand dabei unter Kollegen statt, die auf diese Weise nur zum steuerlichen Abzug hoher Verluste aus Vermietung und Verpachtung kommen wollten. Nichtsteuerliche oder andere wirtschaftliche Gründe, die für den gegenseitigen Abschluss der Mietverträge sprechen könnten, waren im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

Der einzige Sinn der gewählten Fallgestaltung war offensichtlich die Verwirklichung von Vermietungs- und Verpachtungseinkünften und die damit verbundene Möglichkeit die hohen Schuldzinsen aus dem Erwerb der Immobilien steuermindern geltend machen zu können.

Auch wenn die Finanzverwaltung aufgrund der besagten Entscheidung gewillt ist bei jeder wechselseitigen Überlassung eine missbräuchliche Gestaltung anzunehmen, kann dem keineswegs ohne Weiteres gefolgt werden. Insbesondere wenn schlüssig dargelegt werden kann, dass erhebliche außersteuerliche Gründe für die Vorgehensweise im jeweiligen Individualsachverhalt gegeben sind, könnte ein Gestaltungsmissbrauch auszuschließen sein.