Können Sie mit Hebel-Zertifikaten Aktiengewinne vermehren?

Wer träumt nicht davon: Statt nur ein paar Prozent Gewinnzuwachs mit einer Aktie zu kassieren, gleich ein Mehrfaches des Kurszuwachses als Ertrag einzustreichen? Diese Möglichkeit besteht, z. B. indem man statt in Aktien in sogenannte Hebel-Zertifikate investiert. Dabei gibt es große Gewinnchancen, aber auch hohen Risiken.

Ein Hebel-Zertifikat ist ein Derivat, also ein von einem Basispapier – etwa einer Aktie oder einem Index – abgeleitetes Wertpapier. Hebel-Zertifikate zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie den Kursverlauf des zu Grunde liegenden Wertpapiers, z. B. überproportional "mitgehen".

Man kann Zertifikate kaufen, mit denen man von steigenden Aktienkursen profitiert (Long- oder Turbo-Hebel-Zertifikate) und Zertifikate, mit denen man von fallenden Kursen partizipiert (Short-oder Bear-Hebel-Zertifikate). Hebel-Zertifikate haben meist eine unbegrenzte Laufzeit (open end).

Große Chancen und hohes Risiko bei Hebel-Zertifikaten

Je nach Ausstattung (Hebel) steigt das Zertifikat um das 2-, 3- oder gar 4-fache stärker als die Aktie oder der Index. Steigt eine Aktie beispielsweise um 5 %, steigt der Kurs eines Hebel-Zertifikats mit einem Hebel von 2 um 10 %; der Anleger erzielt also den doppelten Gewinn, den er mit der Aktie erzielt hätte.

Der Haken: Der Hebel wirkt in beide Richtungen. Fällt die Aktie z. B. um 5 %, statt zu steigen, reduziert sich der Wert des Zertifikats regelmäßig um deutlich mehr als 5 %. Hinzu kommt, dass alle Hebel-Zertifikate mit einer "Knock-out-Schwelle" versehen sind. Erreicht oder unterschreitet (Long-Zertifikat) bzw. überschreitet (Short-Zertifikat) der Basiswert diese Schwelle, verfällt das Zertifikat und der Anleger verliert i. d. R. sein ganzes Geld.

Beispiel (fiktive Annahmen): Eine Aktie kostet 80 Euro. Ein Anleger erwirbt ein Hebel-Zertifikat (Long) mit einem Hebel von 3. Die Knock-out-Schwelle liegt bei 70 Euro. Steigt der Aktienkurs z. B. um 10 %, steigt der Kurs des Zertifikats um 30 %. Solange die Aktie steigt, steigt auch der Kurs des Zertifikats immer mit einem Faktor 3. Sinkt der Aktienkurs aber auf 70 Euro oder fällt er darunter, verfällt das Zertifikat und der Anleger erleidet u. U. einen Totalverlust.

Risiken lassen sich reduzieren

Wer seine Gewinne mit Hebel-Zertifikaten erhöhen möchte, geht also auch das Risiko eines Totalverlustes ein. Wer dennoch in Hebel-Zertifikate investieren möchte, sollte möglichst keine Zertifikate kaufen, die sich auf Einzelaktien beziehen, sondern auf einen Index. Dort ist das Risiko eines deutlichen Kurseinbruchs geringer als bei einem einzelnen Papier.

Und anders als bei Aktien, empfiehlt sich beim Kauf von Hebel-Zertifikaten zusätzlich eine sofortige Absicherung des Zertifikats mit einer Stopp-Loss-Order, um zumindest einen Totalverlust zu vermeiden. Wird z. B. ein Zertifikat zu einem Kurs von 20 Euro erworben, sollte man – je nach Risikobereitschaft – einen Stopp-Kurs etwa zwischen 15 und 16 Euro platzieren.

Wegen der recht hohen allgemeinen Schwankungsbreite der Zertifikate, sollte der Stopp-Kurs deutlich mehr als 15 % zum Kaufkurs betragen, was im Eintrittsfall bedeutet, dass man mindestens 15 % Verlust einfährt, abhängig vom nächsten Kurs, der nach Erreichen des Stopp-Kurses gesetzt wird. Alternativ können auch Zertifikate mit "eingebauter" Stopp-Loss-Schwelle erworben werden. Dann ist zumindest ein Totalverlust unmöglich, aber Verluste um 50 % und mehr sind meist dennoch zu verzeichnen.

Hebel-Zertifikate sind daher nur etwas für besonders erfahrene und sehr risikobewusste Anleger. Anleger, die langfristig orientiert sind und sich ein Vermögen aufbauen wollen, sollten besser in Qualitätspapiere oder einen breiten Index (Dow-Jones, Dax, S&P 500) investieren und "vom Zocken" die Finger lassen.