PIP-Implantate: Wer zahlt bei verpfuschten Schönheits-OPs?

PIP (Poly Implant Prothèse) hat vielen Frauen mit schädlichen Brustimplantaten in völlig unverantwortlicher Weise massiv geschadet. Wer aber zahlt jetzt? PIP selbst scheidet wohl aus. Das Unternehmen hat sich in die Insolvenz geflüchtet. Lesen Sie hier am Beispiel von PIP, wie Sie reagieren, wenn Ihnen durch eine Schönheits-OP geschadet wurde.

Bei den inkriminierten Silikonkissen von PIP handelt es sich um Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes (MPG). Das MPG setzt die EWG-Richtlinie 93/42/EWG vom 14.06.1993 um. Es regelt speziell den Verkehr mit Medizinprodukten. Damit soll vor allem für den Schutz der Patienten gesorgt werden.

Das MPG enthält nur Strafbestimmungen für den Fall eines Gesetzesverstoßes. Wer wann für Schäden haftet, wird leider nicht gesagt. Als Anspruchsgrundlage kommen daher allgemeine Haftungsregelungen wie das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) oder die Bestimmungen über unerlaubte Handlungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), hier insbesondere die §§ 823 ff., in Betracht.

Wer muss für den Schaden aufkommen?

Gem. § 1 ProdHaftG ist der Hersteller eines fehlerhaften Produktes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den sein Produkt infolge des Fehlers verursacht hat. Als Hersteller gelten gem. § 4 ProdHaftG dabei nicht nur diejenigen, die das Endprodukt fabrizieren, sondern auch die Produzenten von Grundstoffen und/oder Teilprodukten. 

Damit kommt im vorliegenden Fall die Firma Brenntag AG in Mühlheim an der Ruhr als mögliche Anspruchsgegnerin in Betracht. Sie ist der weltgrößte Chemiehandel und hat das unzulässigerweise verwendete Silikon aus den USA importiert und an PIP geliefert. Als Importeur von Waren in die EU gilt sie als Hersteller.

Fraglich ist nur, ob das gelieferte Material an sich fehlerhaft war. Für die üblicherweise vorgesehene Verwendung im Baubereich mag es durchaus geeignet gewesen sein. Deshalb dürfte eine Haftung der Lieferantin gem. § 1 ProdHaftG ausscheiden.

Produktbeobachtung als Pflicht des Herstellers

Aber: Der Brenntag AG hätten dahingehende Bedenken kommen müssen, ob das minderwertige Silikon in einer Fabrik für Implantat-Prothesen nicht missbräuchlich eingesetzt wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat festgestellt, dass ein Produzent im Rahmen seiner sich aus § 823 BGB ergebenden Produktbeobachtungspflicht gehalten ist, zu beobachten, was mit seinem Produkt geschieht.

Wenn er erkennt oder erkennen muss, dass es zu Fehlgebrauch mit schädigenden Folgen für Dritte kommt, muss er einschreiten. Zumindest ist er zu Warnhinweisen an die Verwender (Ärzte, Patienten) verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist die Brenntag AG – soweit bekannt – nicht nachgekommen und dürfte deshalb haftbar sein. Es ist auch davon auszugehen, dass der Haftpflichtversicherer der Brenntag AG hier eintrittspflichtig ist.

Tipps für Betroffene

Sind Sie von einem ähnlichen Fall betroffen, sollten Sie Schadensersatzansprüche per Einschreiben an den Hersteller, im vorliegenden Fall die Brenntag AG, anmelden, den Haftpflichtversicherer erfragen und/oder die Rechtsschutzversicherer informieren. Erst nach der Meldung an die Rechtsschutzversicherung sollten Sie einen Rechtsanwalt konsultieren.

Auch beim TÜV Rheinland als für die Zertifizierung der Implantate zuständige Stelle sollten Schadensersatzansprüche angemeldet werden.  Auch wenn er von PIP getäuscht worden ist, hätte er aus dem Gesichtspunkt der Schutzpflicht den Hinweisen der FDA aus dem Jahr 2006 über Probleme in der Qualitätssicherung der PIP nachgehen und auch unangemeldet kontrollieren müssen.