Eine Klasse nur für sich: die 1. Klasse der Bahn

In der 1. Klasse der Bahn fahren Sie genauso schnell wie in der 2. Klasse. Was also sind die Vorteile der 1. Klasse, was kostet sie extra - und wann dürfen Passagiere dort ausnahmeweise fahren, selbst wenn sie nur 2. Klasse gekauft haben?

Die Zeiten als die 1. Klasse im Trans Europ Express die einzige Klasse war

Mehr Platz bedeutet in der Praxis breitere Sitze und mehr Beinfreiheit. Zudem wird mit Laptop-Steckdosen am Platz geworben, die gibt es in Fernverkehrszügen jedoch vereinzelt auch in der 2. Klasse. Mehr Entspannung bedeutet, dass man in der 1. Klasse individuell am Platz bedient wird und Premium Service genießt.

Inwiefern das mehr Entspannung bedeutet, liegt im Auge des Betrachters. Denn nicht jeder versteht unter Entspannung dasselbe, schließlich fällt unter Bedienung meist eine Tageszeitung und das Anbieten der Bordbistro Mahlzeiten. Ob das Anbieten einer Zeitung oder von Essen tatsächlich mehr zur Entspannung beiträgt, ist fraglich.

Unter mehr Komfort versteht die Bahn das Abfertigen der Fahrgäste unter einem getrennten 1.Klasse-Schalter im DB Reisezentrum. Das ist natürlich komfortabler, als eine halbe Stunde lang in der Schlange zum Schalter für die billigen Tickets zu stehen. Doch in Zeiten von Ticket-App und Online-Ausdruck dürfte sich die Zahl derer, die auf ihren gesonderten Ticket-Schalter im Reisezentrum bestehen, in Grenzen halten.

Deutsche Bahn Lounge

Schließlich fallen unter die Sonderleistungen der 1. Klasse die DB Lounges. Diese sind komfortable Warteareale mit bequemen Sitzgelegenheiten und einem schier unendlichen Repertoire an nichtalkoholischen und alkoholischen Gratisgetränken. Allerdings gibt es diese Lounges nur an 15 großen deutschen Bahnhöfen. Immerhin fallen darunter fast alle Fernverkehrsbahnhöfe wie Berlin, München, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und Hamburg.

Und das bringt den Sinn der 1. Klasse genau auf den Punkt. Ob man die Vorzüge der 1. Klasse der Bahn nutzen will, ist jedem Fahrgast selbst überlassen, aber zumindest machen sie auf Fernverkehrsstrecken einen gewissen Sinn. Interessanter wird es da bei der 1.Klasse im Nahverkehr. Denn die Qualitätsunterschiede zwischen erster und zweiter Klasse im Nahverkehr sind gering.

Von individuellem Service kann in RE-Zügen nicht die Rede sein, der Komfort beschränkt sich auf leicht breitere Sitze und einen garantierten Sitzplatz zu Stoßzeiten. Wirklich kurios wird es bei RB-Zügen und S-Bahnen. Denn dort unterscheidet sich die 1. Klasse der Bahn einzig und allein durch die Farbe des Polsterbezugs von der 2. Klasse.

In 1. Klasse stehen ist 1. Klasse fahren

Aufgrund solcher subtiler Unterschiede hat manch einer, gerade zu Stoßzeiten, versucht, die 1. Klasse trotz 2. Klasse-Ticket zu benutzen. Doch hier ist Vorsicht angesagt. Denn in den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG heißt es unter Punkt 2.4.4: „Die auf der Fahrkarte enthaltenen Angaben sind für die Beförderung maßgebend.“

Das bedeutet im Klartext – egal wie voll der Zug ist, egal wie leer die 1. Klasse dabei ist und egal, wie wenig optische Unterschiede zwischen den Klassen bestehen – man darf in der 1. Klasse der Bahn weder sitzen, noch stehen. Denn egal, ob man sich hinsetzt, oder nicht, beides gilt als Beförderung.

Wer das nicht respektiert, muss zumindest mit einer Nacherhebung rechnen Das passierte z.B. einem Schüler in Bonn, der lediglich auf der Treppe der 1. Klasse gesessen hatte und von dem die Deutsche Bahn die Zahlung von 40 Euro verlangte.

Welche Ausnahmen gibt es?

In Ausnahmefällen können hochschwangere oder körperlich beeinträchtigte Menschen die 1. Klasse benutzen, sollten keine anderen Sitzplätze verfügbar sein. Das muss jedoch im Einzelfall mit dem Zugbegleiter geklärt werden, da es nicht selbstverständlich ist und von seiner Kulanz abhängt.

Ebenso hängt es vom Ermessen des Zugbegleiters ab, ob bei Überfüllung die 1. Klasse insgesamt für alle Fahrgäste freigegeben wird. Bei Fernverkehrszügen muss die Zugbegleitung diese Entscheidung vorher noch mit der Zentrale abstimmen.