Strafbefreiende Selbstanzeige: Möglichkeiten wurden eingeschränkt

Bei einer strafbefreienden Selbstanzeige tritt nach Auffassung des BGH die gewünschte Strafbefreiung nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige Angaben vollständig nachholt bzw. berichtigt und keine für die Besteuerung bedeutsamen Angaben zurückhält.

Steuerpflichtige haben mit der strafbefreienden Selbstanzeige die Möglichkeit, Straffreiheit zu erlangen, wenn sie nachträglich durch Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung von Angaben gegenüber dem Finanzamt einen steuerlichen Sachverhalt im Nachhinein korrekt darstellen und damit dem Finanzamt bislang verborgene Steuerquellen erschließen.

Strafbefreiende Selbstanzeige gewinnt an Bedeutung
Gerade jetzt, wo strafbefreiende Selbstanzeigen im Zusammenhang mit Konten in Liechtenstein oder der Schweiz erheblich an Bedeutung gewonnen haben, fällt der 1. Strafsenat des BGH (1 StR 577/09 vom 20.5.2010) eine Entscheidung, mit der die Aussicht, durch eine strafbefreiende Selbstanzeige tatsächlich Strafbefreiung zu erlangen, erheblich eingeschränkt wird.

Strafbefreiung nur bei vollständigen Angaben
Die gewünschte Strafbefreiung bei einer strafbefreienden Selbstanzeige tritt nach Auffassung des BGH nur ein, wenn die Berichtigung oder Nachholung von Angaben vollständig erfolgt ist und keine für die Besteuerung bedeutsamen Angaben zurückgehalten werden.

Damit liegt eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige zum Beispiel nicht vor, wenn ein Steuerzahler zwar bislang verschwiegene Zinseinkünfte erklärt, hierbei jedoch weitere Konten verschweigt, weil er insoweit keine Entdeckung durch die Finanzbehörde befürchtet.

Nach Ansicht des Gerichts fehlt es hier an der Voraussetzung für eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige, nämlich die Rückkehr zur vollständigen Steuerehrlichkeit.

Änderung der Rechtsprechung zur strafbefreienden Selbstanzeige
Das Urteil des BGH enthält eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung zur strafbefreienden Selbstanzeige. Bisher wurde eine sogenannte Teil-Selbstanzeige für ausreichend gehalten, um zumindest in deren Reichweite die gewünschte Strafbefreiung zu erlangen.

Keine Strafbefreiung wenn die Tat bereits entdeckt wurde
Eine Strafbefreiung scheidet bei einer strafbefreienden Selbstanzeige auch dann aus, wenn die Tat bereits entdeckt ist. Auch hier beinhaltet die Entscheidung des BGH eine wesentliche Verschärfung.

Zukünftig gilt bei einer Durchsuchung, dass die Straftat bereits als entdeckt anzusehen ist, wenn nach Aufdeckung einer Steuerquelle unter Berücksichtigung vorhandener weiterer Umstände nach allgemeiner kriminalistischer Erfahrung eine Straftat nahe liegt.

Erschwerend kommt hinzu, dass dies auch für solche Taten gilt, die mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand konkret nichts zu tun haben, jedoch in einem sachlichen Zusammenhang stehen.

Ziel einer strafbefreienden Selbstanzeige
Mit einer strafbefreienden Selbstanzeige verfolgt der Gesetzgeber in erster Linie das Ziel, verheimlichte Steuerquellen zu erschließen.

Allerdings ist die Privilegierung eines Straftäters durch eine strafbefreiende Selbstanzeige nur bei freiwilliger Rückkehr zur Ehrlichkeit gerechtfertigt.

Diskussion über strafbefreiende Strafanzeigen durch Steuer-CDs neu entfacht
Bedingt durch mehrere "Steuer-CDs" und der Gefahr einer Entdeckung sind in den letzten Monaten in großem Umfang strafbefreiende Selbstanzeigen bei den Finanzbehörden eingegangen. Dies war der Auslöser für eine wilde Diskussion der Bundestagsparteien über die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige im Steuerrecht.

Während die SPD eine Aufhebung der strafbefreienden Selbstanzeige zum Ende dieses Jahres fordert, sprechen sich die Regierungsfraktionen CDU/CSU wie auch FDP für eine Beibehaltung der strafbefreienden Selbstanzeige aus.

Allerdings wollen auch diese Parteien Verschärfungen, um durchkalkulierte Steuerhinterziehungsstrategien zu verhindern und strafbefreiende Selbstanzeigen auf Fälle von "echter Reue" zu beschränken.

Diskutiert wird daher zum Beispiel über die Pflicht des Steuerpflichtigen zur allumfassenden, vollständigen Offenbarung, der Vorverlagerung des Offenbarungszeitpunkts (etwa Zustellung der Prüfungsanordnung) sowie die Erhebung einer Zusatzgebühr, die bei strafbefreienden Selbstanzeigen fällig werden soll.

Für eine solche Verschärfung der Tatbestandsvoraussetzungen und hohe Zuschläge bei strafbefreienden Selbstanzeigen spricht sich auch das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich aus.