Nordzypern: Eine faszinierende Rundreise

Inseln faszinieren seit Urzeiten die Menschheit. Vom Meer umrundete Formationen sind seit Jahr und Tag sagenumwoben. Das im östlichen Mittelmeer gelegene Zypern ist grün, hat heiße Strände und 2000 Meter hohe Gebirgszüge durchziehen das Eiland. Der noch weitgehend unberührte türkische Norden der Karpaz-Halbinsel ist Heimat wilder Esel und Orchideen. Im Zentrum: die letzte geteilte Stadt Europas.

Gegen den bösen Blick schützen ein blauer Stein oder der Olivenzweig. Im zyprischen Andreas Kloster übermittelt man Wünsche zur Heilung an den Apostel durch die Flamme einer Kerze, die Blütenblätter der Anemonen sind Tränen der Aphrodite um den verstorbenen Adonis, die Meerzwiebel ist Pflanze des Totenreiches und der Stengel des Riesenfenchels ist das Symbol des Stabs des Dionysos. Mythen und Sagen der Nordzyprer reichen weit in die Antike hinein. Bis heute gilt, dass der Sirup des Johannisbrotes der Osteoporose Einhalt gebietet.

In Gazimagusa (Famagusta) steht der wohl älteste Baum Zyperns

Neben zyprischen Weisheiten und dem Besuch der türkisch-griechischen Stadt Lefkosa/Nicosia, der letzen geteilten Stadt Europas, erhalten Sie auf Ihrer RSD-Entdecker-Rundreise eine knappe Woche lang Einblicke in den orientalischen Norden der Insel und lernen hier eine noch fast unberührte und wilde Natur kennen.

In dieser urtümlichen Landschaft begegnen dem Besucher seltene Reptilien, Vögel, Insekten, wilde Esel und unzählige unter Naturschutz stehende Orchideenarten – die Ragwurz „Ophrys kotschyi“ ist nur eine von 32 Arten. Unter 1500 Pflanzenarten präsentiert die Inselwelt auch die rote „Tulipa Cypria“, zu deren Ehren in Zyperns Dörfern Tepebasi und Avtepe alljährlich das Frühlings-Festival stattfindet.

Die ganzjährig grüne Insel mit ihrem hohen Baumbestand gleicht streckenweise einem Urwald. Das uralte Exemplar eines ägyptischen Feigenbaums „Ficus Sycomorus“, das höchstwahrscheinlich zur Erbauung der Kirche zwischen 1298 und 1326 gepflanzt wurde, können Sie vor der Nikolaus-Kathedrale/Lala Mustafa Pasa Moschee in Gazimagusa bewundern.

Naturbelassene Karpaz-Halbinsel

Die Karpaz-Halbinsel Nordzyperns gleicht einer Wundertüte voller Tiere und Pflanzen. Im Frühling und Herbst können Sie hier über 370 Vogelarten beobachten. Mit etwas Glück begegnet Ihnen dann auch eine der 50 verschiedenen Schmetterlingsarten.

An naturbelassenen, kilometerlangen Sandstränden, wie dem Golden Sands Beach, legen hier im Sommer die streng unter Naturschutz stehenden Grünen Meerschildkröten (Chelonia mydas) oder die Unechten Karettschildkröten (Caretta caretta) ihre Eier im heißen Sand ab. Gleich dahinter folgt das Schutzgebiet der wilden Esel, die aus einer verwilderten Hausrasse hervorgegangen sind.

Neben wildlebenden Eseln in purer Natur befindet sich am nordöstlichsten Punkt der Halbinsel das Apostel Andreas Kloster, das berühmt für sein wundertätiges Heilwasser ist. Von hier aus können Sie die Blicke über das Meer schweifen lassen.

Die ca. 80 km lange und 10 km breite Halbinsel ist nicht nur reich an Fauna und Flora sondern auch Heimat der Baudenkmäler. In Iskele befindet sich das Gotteshaus Panagia Thetokou und die Jakobskirche. Wenn Sie die Gegend erwandern mögen, lädt das 177 km lange Besparmak-Gebirge mit seinem reichen Kiefernbestand zu ausgiebigen Touren ein. Unternehmen Sie einen Ausflug zur Kantara-Festung oder besuchen Sie die Orte Büyükkonuk, Kumayah und ganz besonders Mehmetcik, den Ort, an dem die Liebes- und Schönheitsgöttin Aphrodite der Sage nach als Schaumgeborene den Wogen des Meeres entstiegen sein soll.

Die Verbundenheit der Nordzyprer zu Traditionen zeigt sich nicht nur in der Mythologie, sondern auch in alltäglichen Festen, wie dem Güzelyurt-Orangenfestival, dem Weintaubenfestival, dem Tathsu Johannisbrotfestival, dem ökologischen Tag in Büyükkonuk, dem Lefke Walnussfestival, dem Yesilirmak Erdbeeren-Festival oder dem Festival der Oliven in Kyrenia, zu denen Gäste immer herzlich willkommen sind.

Ihre Rundreise beginnt zunächst in Kaplica, einem kleinen Ort fernab jeglichem Massentourismus. Hier können Sie erst einmal vom Alltagsstress „runterkommen“.

Die geteilte Hauptstadt Nicosia/Lefkosa

Die größte Stadt Zyperns ist die letzte geteilte Hauptstadt Europas. Neben dieser Einzigartigkeit mit politischem Hintergrund bietet sie mit ihrem historischen Stadtkern, dem Girne-Tor, der osmanischer Karawanserei, der St. Sophien-Kathedrale (heutige Selimiye-Moschee) und dem Checkpoint einen einzigartigen Sightseeing-Mix. Die mauerumrundete Stadt mit der „Green Line“ als Übergang zwischen zwei Welten präsentiert eine Mischung aus Zeitgeschichte, mittelalterlicher und osmanischer Kultur und flirrendem, orientalischen Ambiente.

In türkischen Geschäften können Sie nach Herzenslust feilschen oder eine Fake-Armani-Jeans für 20 Euro erwerben – und wo sonst sehen Sie eine gotische Kathedrale mit osmanischen Minaretten? In der geteilten Stadt wandeln Sie zwischen den Kulturen: Nordzypern duftet nach Gewürzen und starkem Mocca, die griechische Seite lockt mit extravaganter Mode und Kaffee Frappé, einem kalten geschüttelten Kaffee.

Etwas Historie muss sein

Auf der drittgrößten Mittelmeerinsel wollten Völker aller Nationen herrschen, Aufzeichnungen reichen zurück zur antiken Siedlung Ledra. Zypern war Heimat der Achäer, Phönizier, Griechen, Assyrer, Ägypter, Ptolemäer, Perser, Römer, Byzanthiner, Kreuzfahrer, Lusignans, Venzezianer, Osmanen und der Briten, die mit dem erstem Weltkrieg an die Macht kamen und im Jahr 1960 dem Land seine Unabhängigkeit zurück gaben. Sie hinterließen Bauwerke, Sitten oder den Linksverkehr. Von diesem Kultur-Mix ist das heutige Zypern gespickt.

Allen voran prägen die prachtvollen Kirchen, Klöster, Paläste und die gotische St. Sophien-Kathedrale (Bauzeit 1208 bis 1326) der Lusignans das Bild der Hauptstadt. Die Venezier sicherten sie durch eine 4,5 km lange Stadtmauer, elf Bastionen und drei Toren ab. In der Altstadt errichteten die Osmanen einen orientalischen Büyük Han (Handelsplatz).

In historischen Schriften nach ihrem Kupferreichtum als Alasia, Kittim oder Kypros/Cuprium benannt, ist Zypern der ideale Ort, ganzjährig reichhaltige Kultur und mildes Mittelmeerklima zu genießen.

Der Kumarcilar Han, die Arab Ahmet Moschee, die Armenische Kirche, das alte Türkische Bad, Katharinen-Kirche (Haydarpasa Moschee), Samanbahce Viertel, Lapidarium und Konak des Dervis Pasa (Volkskundemuseum) sind zusätzliche „Must-See-Hotspots“ im türkischen Teil der zyprischen Hauptstadt.

Etwas Politik muss sein

Nach Erlangen der Unabhängigkeit, darauf folgenden Unruhen zwischen Griechen und Türken (1963 – 1964) und der Teilung der Insel (Sommer 1974) wurde ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, das Friedenstruppen der Vereinten Nationen an der Demarkationslinie beider Staaten überwachen. Diese Pufferzone macht vier Prozent der Inselfläche aus, weitere drei Prozent entfallen auf englische Militärbasen.

EU-Bürger und auf der Insel lebende Türken dürfen an sieben Landes-Checkpoints mit Ihrem Pass die Grenze der Hauptstadt überschreiten, lediglich auf dem Festland lebende Türken benötigen ein Visum. Trotz einfacher Grenzpolitik gilt das Gebiet der türkischen Republik Nordzypern in der EU-Staatengemeinschaft als Sondergebiet. Politisch und kulturell zählt die Zweistaateninsel zu Asien, geografisch gehört sie noch zu Europa.

„In Nordzypern können Sie mit Euro oder türkischer Lira bezahlen. Bald soll auch im türkischen Teil der Insel der Euro kommen“, so der RSD-Reiseleiter. „Die Republik Nordzypern ist übrigens ein aufstrebender Staat und die türkische Wirtschaft steht weltweit an 16. Stelle.“

Von Deutschland über Antalya nach Nordzypern

Über Antalya an der türkischen Riviera fliegen Sie nach Ercan auf Zypern. Von dort fahren Sie mit einem Reisebus nach Kaplica, wo Sie am Entrée der Karpaz-Halbinsel noch am Abend einen Strandspaziergang unternehmen können. Selbst im November und Dezember ist es hier noch um die 20 bis 25 Grad Celsius mild.

Am nächsten Tag besuchen Sie das Erbe der Kreuzritter. Das ursprüngliche Hafenstädchen Kyrenia, heutiges Girne, mit der beeindruckenden Hafenfestung aus dem siebten Jahrhundert wird von der Kreuzritterburg St. Hilarion, dem „Schloss der 1000 Gemächer“ auf 732 Metern Höhe überragt. Neben solchen weltweit bekannten Sightseeing-Hotspots lernen Sie in der „Schönsten unter den Hafenstädten des Mittelmeeres“ den Erzengel Michael, die Bergfestung Buffavento, die Antiphonitis Kirche oder das Armenische Kloster kennen oder Sie spazieren einfach nur entspannt an der schönen Promenade entlang.

Von den romantischen Ruinen von Bellapais in der Kyrenia-Region, wo der britische Schriftsteller Lawrence Durrell lebte und seinen poetischen Reisebericht „Bittere Limonen“ verfasste, geht es quer über die Halbinsel an die Ostküste zur Ausgrabungsstätte von Salamis. Römisches Theater, Gymnasium (Ende erstes Jahrhundert B.C.) oder römisches Bad geben fantastische Einblicke in die Baukunst jener Epoche. Dokumentationen bezeugen, dass die antike Stätte mit 240.000 Einwohnern eine Weltstadt war. Das noch in der Erde ruhende Amphitheater müsste per Hand geborgen werden.

Seinerzeit hätte es hier schon Bodenheizung gegeben, verweist ein Gast auf die Latrine. Die Menschen hätten hier nebeneinander gehockt und geplaudert. Ein in der Mitte des Raumes spielendes Orchester oder ein Springbrunnen hätten die Toilettengeräusche übertönt. Die dies alles speisende Zisterne sei zu dieser Zeit eine sehr moderne Einrichtung gewesen.

Am westlichen Rand der Necropolis von Salamis befinden sich die Kirche, das Kloster und die Grabstätte des heiligen Barnabas. Das Ikonen- und Archäologiemuseum gibt Auskunft über Persönlichkeit und Werk des Heiligen, der als Sohn einer jüdischen Familie in Salamis geboren wurde, nach seiner Ausbildung in Jerusalem im Jahr 45 AD nach Zypern zurückkehrte und dort gemeinsam mit dem Apostel Paulus das Christentum verbreitete.

Niemandsland – weiterhin von großer Bedeutung

In einen Abstecher fährt der Busfahrer entlang der Lagune durch die verlasse Stadt Varosha am Stadtrand von Famagusta, wo früher türkische und griechische Einwohner gemeinsam bis zur Enteignung lebten. Im ehemals mondänen Badeort hatten Schauspieler, wie Sophia Loren Stadthäuser und Villen mit großen Parkanlagen.

Heute lädt die Geisterstadt, auch „tote Stadt“ genannt, mit Ruinen, urwaldähnlichen Wucherungen und Land, das seit dem Jahr 1974 niemand betreten darf, zum Mahnen ein. Die Stadt ist militärisches Sperrgebiet. Und trotz vielen Versuchen, beide Bevölkerungsgruppen an den Verhandlungstisch zu bringen, bleibt die Insel seit 1974 geteilt.

Quellen: Vor-Ort-Recherche.

So geht die Reise weiter: //www.experto.de/reisen/mit-dem-reisebus-kreuz-und-quer-durch-die-tuerkei.html

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