Was darf ein Arbeitnehmer im Internet über seinen Arbeitgeber äußern?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat erstmals über kritische Äußerungen eines Arbeitnehmers zu urteilen gehabt, die im Internet verbreitet wurden (Urteil vom 31.07.2014 - 2 AZR 505/13). Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Arbeitgeber in ihrem eigenen Interesse dringend die Kompetenz ihrer Arbeitnehmer im Umgang mit modernen Medien fördern und ggf. Regeln aufstellen sollten.

Folgender Sachverhalt liegt dem Urteil zugrunde: Ein Arbeitnehmer kandidierte für den Wahlvorstand eines bei seinem Arbeitgeber neu zu gründenden Betriebsrats. Die Betriebsratswahl wurde von der Gewerkschaft ver.di begleitet. Diese ließ aus dem Anlaß der Betriebsratswahl ein Video produzieren, in dem sich der Arbeitnehmer zu angeblich bei seinem Arbeitgeber bestehenden "Problemen" äußerte. Nach Aussage des Arbeitnehmers sollten u.a. Sicherheitsvorkehrungen an einzelnen Maschinen sowie Fachkräfte fehlen, die die Maschinen beherrschten.

Weiterverbreitung der Äußerung

Das Video wurde auf "Youtube" sowie der Gewerkschaftsplattform "Streik.TV" veröffentlicht. Der Arbeitnehmer verbreitete das Video außerdem über sein privates Facebook-Profil. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, nahm er dies zum Anlass, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Die Aussagen des Arbeitnehmers zu den angeblich fehlenden Fachkräften wertete der Arbeitgeber dabei als eine bewusst wahrheitswidrige Aussage, da Fachkräfte im Betrieb beschäftigt werden. Ferner stufte der Arbeitgeber die Aussage auch als geschäftsschädigend ein.

Die Entscheidung

Der Arbeitnehmer klagte gegen die außerordentliche Kündigung auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht sowie das Landesarbeitsgericht folgten der Argumentation des Arbeitgebers und wiesen die Klage als unbegründet ab. Zu Ungunsten des Arbeitnehmers wurde dabei berücksichtigt, dass die Verbreitung der problematischen Äußerung über angeblich fehlende Fachkräfte mittels verschiedener Internetplattformen erfolgt und damit einer nicht absehbaren Anzahl von Personen zugänglich gemacht worden war.

Das Bundesarbeitsgericht hingegen hielt die außerordentliche Kündigung für unwirksam. Aus dem Video gehe nach Ansicht des BAG deutlich hervor, dass der klagende Arbeitnehmer nicht etwa behaupten wollte, der beklagte Arbeitgeber beschäftige überwiegend ungelernte Kräfte. Vielmehr wollte der Kläger aus Sicht des BAG lediglich die Wichtigkeit der Bildung eines Betriebsrats in dem Betrieb des Arbeitgebers betonen.

Die Details der Urteilsbegründung hat das BAG noch nicht mitgeteilt. Allerdings kann bereits festgehalten werden, dass das BAG eine sachliche Kritik auch bei im Internet verbreiteten Äußerungen von Arbeitnehmern über ihren Arbeitgeber für nicht kündigungsrelevant hält. Auch angesichts der möglicherweise hohen und mitunter schwer zu kontrollierenden Verbreitung von Internetveröffentlichungen wird kein anderer Maßstab gelten.

Die Abgrenzung von erlaubter Kritik, d.h. sachlicher Kritik, zu unerlaubter Kritik ist einzelfallabhängig. Die Behauptung von Unwahrheiten, Schmähkritik, Beleidigungen o.ä. ist jedenfalls generell unzulässig.

Verhaltensregeln dem Arbeitnehmer mitgeben

Verbreitet ein Arbeitnehmer problematische Äußerungen über seinen Arbeitgeber im Internet, ist für den Arbeitgeber bereits eine sehr unerfreuliche Situation eingetreten. Dadurch eintretende geschäftsschädigende Auswirkungen können im Nachgang praktisch nicht kompensiert werden. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, als Arbeitgeber präventiv tätig zu werden und den Arbeitnehmern grundsätzliche Verhaltensregeln bezüglich des Umgangs mit Arbeitsthemen im Internet zu vermitteln.

Hierfür bietet sich die Erstellung sog. "Social Media Guidelines" an, mit denen Informationen, aber auch Hinweise auf denkbare rechtliche Konsequenzen bei Fehlverhaltensweisen vermittelt werden können. Im Übrigen bleibt die weitere Entwicklung der Rechtsprechung, insbesondere der Rechtsprechung des BAG abzuwarten.