Rechtsquellen des Arbeitsrechts: 1. Grundsätze der Normenkollision

Das gesamte Arbeitsrecht wird durch das Rangprinzip, das Günstigkeitsprinzip und das Spezialitäts- und Ordnungsprinzip geprägt. Aus diesen Prinzipien leitet sich ab, welche Rechtsquelle für einen arbeitsrechtlichen Sachverhalt heranzuziehen ist.

In kaum einem Rechtsgebiet finden Sie so viele Prinzipien wie im Arbeitsrecht. Da ist zunächst das Rangprinzip zu beachten, nachdem die rangniedrigere Norm durch die ranghöhere Norm verdrängt wird. Dann müssen Sie beachten, dass das sogenannte Günstigkeitsprinzip dann Anwendung findet, wenn eine rangniedrigere arbeitsrechtliche Norm günstigere Regelungen enthält als eine ranghöhere. Und schließlich ist da noch das Spezialitäts- und Ordnungsprinzip des Arbeitsrechts, nach denen bei gleichrangigen Normen die Regelung der spezielleren der allgemeineren Regelung vorgeht.

Das Rangprinzip im Arbeitsrecht
Im Arbeitsrecht wird durch das Rangprinzip die rangniedrigere Regelung durch die ranghöhere Regelung verdrängt.

Dieser Grundsatz des Arbeitsrechts beschreibt einen allgemeinen Grundsatz der Rechtsquellenlehre. Die Konsequenz dieses Grundsatzes: Ein Vertrag darf zum Beispiel nicht gegen Gesetzesrecht und ein Gesetz nicht gegen die Verfassung verstoßen. Für das Arbeitsrecht macht das Günstigkeitsprinzip allerdings eine gewichtige Ausnahme.

Das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht
Dieser spezielle Grundsatz des Arbeitsrechts macht von der Geltung des Rangprinzips immer dann eine Ausnahme, wenn eine rangniedrigere Rechtsquelle günstigere Bedingungen für Arbeitnehmer enthält als eine ranghöhere.

Beispiel: Der Arbeitsvertrag steht grundsätzlich im Vordergrund, wenn es um die Suche nach der einschlägigen Regelung geht. Sieht eine höherrangige Rechtsquelle aber eine für Arbeitnehmer günstigere Vereinbarung vor, ist die arbeitsvertragliche Regelung nicht wirksam.

Beachten Sie: Findet sich die günstigere Regelung in einem Tarifvertrag, ist die Bindungswirkung für die Parteien des Arbeitsverhältnisses zu beachten.

Das Spezialitäts- und Ordnungsprinzip im Arbeitsrecht
Dieser Grundsatz des Arbeitsrechts bezieht sich auf das Verhältnis von gleichrangigen Rechtsquellen. Das Spezialitätsprinzip im Arbeitsrecht regelt das Verhältnis von gleichzeitig geltenden Regelungen. Das Ordnungsprinzip regelt zeitlich einander anschließende Regelungen mit demselben Anwendungsbereich.

Durch das Ordnungsprinzip im Arbeitsrecht werden ältere Regelungen durch neuere Regelungen mit gleichem Regelungsgegenstand verdrängt.

Beispiel: Ein (älterer) Tarifvertrag sieht ein Urlaubsgeld in Höhe eines halben Bruttomonatsgehaltes vor. Der neu geschlossene Folgetarifvertrag weicht hiervon insoweit ab, als nunmehr nur noch ein festes Urlaubsgeld von DM 500,– pro Arbeitnehmer gewährt wird. Durch das Ordnungsprinzip im Arbeitsrecht geht der später abgeschlossene Tarifvertrag dem älteren vor.

Das Spezialitätsprinzip kommt im Arbeitsrecht immer dann zur Anwendung, wenn mehrere Regelungen gleicher Rangstufe einen unterschiedlich großen Anwendungsbereich haben.

Beispiel: Ein Arbeitsvertrag bindet nur die Arbeitsvertragsparteien. Demgegenüber bindet eine Betriebsvereinbarung sämtliche Arbeitnehmer des Betriebes.