Lange Öffnungszeiten sind kein Grund, Teilzeitansprüche abzulehnen

Lehnt ein Arbeitgeber den Teilzeitwunsch eines Mitarbeiters mit der Begründung ab, dies sei auf Grund des Kundenservicegedankens nicht möglich, ist dies nicht gerechtfertigt, wenn dieser Servicegedanke auch bei voller Arbeitszeit des Arbeitnehmers nicht vollständig erfüllt werden kann. Dies entschied nun das Bundesarbeitsgericht.

Der § 8 Absatz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) legt Folgendes fest: "Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird." Kurzum: Wer weniger arbeiten will, kann dies nun gerichtlich durchsetzen. Unabhängig davon, welche Arbeitszeit im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist.

Abwehren kann der Arbeitgeber diesen Anspruch des Arbeitnehmers nur, wenn gemäß § 8 Absatz 4 TzBfG betriebliche Gründe gegen eine Teilzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers sprechen. So haben die höchsten Arbeitsrichter bereits mehrfach festgestellt, dass der Antrag auf Teilzeitbeschäftigung vom Arbeitgeber abgelehnt werden kann, wenn sich der Wunsch des Mitarbeiters nicht mit Konzept des Arbeitgebers unter einen Hut bringen lässt. Sind in einem Betrieb also etwa Kundenfreundlichkeit und guter Service nicht gewährleistet, wenn Mitarbeiter Teilzeit arbeiten, darf der Arbeitgeber nach Auffassung der Arbeitsrichter die Forderung nach einer Reduzierung der Arbeitszeit ablehnen.

Überprüfen Sie als Arbeitgeber aber dennoch, ob sich der Antrag auf eine Verkürzung der Arbeitszeit tatsächlich nicht mit Ihrem betrieblichen Konzept vereinbaren lässt. Ist die Servicefreundlichkeit, die Sie Ihrem Betrieb verordnet haben, nämlich auch mit Vollzeitbeschäftigten nicht zu erreichen, müssen Sie dem Teilzeitwunsch nachgeben. Dies hat das Bundesarbeitsgericht jetzt festgestellt. Ein Teppichhändler hatte einer Mitarbeiterin deren Teilzeitwunsch ausgeschlagen, weil sein Geschäft 60 Stunden pro Woche geöffnet hat. Die langen Öffnungszeiten sollten den Kunden entgegenkommen, damit diese in Ihrer Freizeit in aller Ruhe Teppiche auswählen konnten. Gleichzeitig sollten jedem Kunden ein Verkäufer als persönlicher Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung stehen. Deswegen lehnte der Arbeitgeber den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung der Verkäuferinnen ab.

Doch das Bundesarbeitsgericht gab nun der Mitarbeiterin Recht. Im Arbeitsvertrag der Verkäuferin war nämlich eine Arbeitszeit von 37,5 Stunden pro Woche vereinbart worden. Weil das Geschäft aber wöchentlich 60 Stunden geöffnet habe, könne die Mitarbeiterin auch bei voller Arbeitszeit nicht jederzeit von ihren Kunden am Arbeitsplatz erreicht werden. Das kundenfreundliche Konzept des Teppichhändlers ließe sich deswegen auch nicht erreichen, wenn die Mitarbeiterin bei ihrer bisherigen Arbeitszeit bleibe. Zwar sei die Chance, dass Kunden die Verkäuferin als ihre persönliche Ansprechpartnerin im Geschäft antreffen könnten bei der vollen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden naturgemäß größer als bei der gewünschten Arbeitszeit von 25 Stunden pro Woche. Das angestrebte Ziel des Arbeitgebers, dass jeder Kunde jederzeit seinen eigenen persönlichen Berater erreichen könne, sei bei einer Öffnungszeit von 60 Stunden aber ohnehin nicht zu erreichen, so dass auch eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 25 Wochenstunden daran nichts ändere.

Bundesarbeitsgericht Erfurt; Urteil vom 30. September 2003; Aktenzeichen: 9 AZR 665/02