Kündigung wegen Beleidigung: Seien Sie nicht zu überempfindlich

Eine Beleidigung des Arbeitgebers kann durchaus eine Kündigung rechtfertigen. Es gibt allerdings schon einige skurrile Fälle, in denen die Arbeitgeber eine Beleidigung annehmen und deshalb zu Kündigung greifen. Dies passiert selbst Rechtsanwälten.

In einem konkreten Fall, der vor dem Arbeitsgericht Mannheim am 24.03.2011 (Az. 3 Ca 406/10) endete, hatte ein Rechtsanwalt seine Auszubildenden eine Kündigung ausgesprochen. Er ging davon aus, dass eine Äußerung von ihr eine Beleidigung seiner Lebensgefährtin gewesen sei.

Er hatte seiner Auszubildenden ein Foto seiner Lebensgefährtin gezeigt und gefragt, auf wie alt sie die Lebensgefährtin schätze. Die Auszubildende schätzte ein Alter von ca. 40 Jahren. Da die Lebensgefährtin tatsächlich erst 31 Jahre alt war, sprach der Anwalt wegen dieser "Beleidigung" eine Kündigung aus. Außerdem begründete er die Kündigung damit, dass die Auszubildende die aufgetragenen Arbeiten nicht immer erledigt habe.

Gegen diese Kündigung wegen Beleidigung wehrte sich die Auszubildende verständlicherweise. Vor dem Arbeitsgericht einigte sie sich mit ihrem Arbeitgeber auf einen Vergleich. Das Ausbeutungsverhältnis wurde beendet, sie erhielt noch ausstehende Ausbildungsvergütung.

Kündigung wegen Beleidigung: Das sollten Sie beachten
Eine Kündigung wegen Beleidigung des Arbeitgebers kommt dann in Frage, wenn Ihnen die weitere Zusammenarbeit aufgrund der Beleidigung nicht zugemutet werden kann. Dabei sind auch branchenbezogene Umstände zu beachten. So herrscht auf einer Baustelle zum Beispiel ein härterer Ton als in einer Bank.

Äußerungen eines Bankmitarbeiters gegenüber einem Vorgesetzten können daher unter Umständen bereits zur Kündigung führen, obwohl die gleiche Äußerung auf einer Baustelle für eine Kündigung wegen Beleidigung nicht ausreichen würde. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an.

In dem Fall des Arbeitsgerichts Mannheims dürfte die Kündigung wegen Beleidigung im Ergebnis eher unzulässig sein. Inwieweit in der reinen Altersschätzung, die noch dazu auf Wunsch des Arbeitgebers erfolgte, eine Beleidigung liegen kann, ist schon fraglich. Hinzu kommt, dass – wenn überhaupt – nicht der Arbeitgeber beleidigt wurde, sondern dessen Lebensgefährtin. Hieraus eine Unzumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit abzuleiten, dürfte schwer fallen.

Der beste Rat, den man im Zusammenhang mit Beleidigungen geben kann, ist, eine Nacht drüber zu schlafen. Auch für eine fristlose Kündigung haben Sie nach §626 Abs. 2 BGB zwei Wochen Zeit. Erst danach ist die Kündigung unzulässig. Bei einer Beleidigung des Arbeitgebers bietet es sich an, vor der Kündigung in Ruhe den Sachverhalt zu bewerten. Ein klärendes Gespräch mit dem Mitarbeiter dürfte aber in jedem Fall erforderlich sein.

Kündigung wegen Beleidigung und Abmahnung
Reagieren Sie wegen der Beleidigung auf jeden Fall nicht zu schnell mit einer Abmahnung. Denn wenn Sie wegen einer konkreten Beleidigung einmal abgemahnt haben, ist damit jede Kündigungsmöglichkeit wegen dieser konkreten Beleidigung erledigt. Es gilt der Grundsatz: entweder Abmahnung oder Kündigung (ggfs. nach vorheriger vergeblicher Abmahnung).