Einen Sitzstreik in ihrem Büro müssen Sie nun wirklich nicht dulden

Es ist schon verwunderlich, zu welchen Mitteln manche Mitarbeiter greifen, um vermeintliche Ansprüche durchzusetzen. Ein Sitzstreik im Büro des Vorgesetzten, um eine Gehaltserhöhung durchzusetzen, ist nun aber wirklich nichts, was Sie als Vorgesetzter dulden müssen. Das LAG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass in so einem Fall sogar eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich sein kann.

Der Fall, der dem Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 6. Mai 2015 (3 Sa 354/14) zu Grunde liegt, ist schon etwas skurril. Eine seit mehr als 20 Jahren beschäftigte Arbeitnehmerin war fristlos, hilfsweise fristgemäß, gekündigt worden. Vor ihrer Kündigung war sie Leiterin einer Abteilung mit rund 300 Mitarbeitern. Sie war in die höchste betriebliche Entgeltgruppe eingruppiert.

Allerdings war sie damit nicht zufrieden und verlangte in der Vergangenheit immer wieder eine Vergütung als außertarifliche Angestellte. Die Situation eskalierte, als ihr Vorgesetzter ein Gespräch über diese Forderung wieder einmal zurückwies.

Mitarbeiterin besetzte das Büro des Vorgesetzten

Daraufhin erklärte die Mitarbeiterin, sie werde das Büro erst verlassen, wenn ihre Forderung erfüllt sei. Der Vorgesetzte forderte sie auf, sein Büro zu verlassen. Die Mitarbeiterin kam dieser Aufforderung nicht nach. Weder der Betriebsrat noch ihr Ehemann konnten deeskalierend wirken. Schließlich wies der Vorgesetzte auf sein Hausrecht hin und forderte die Arbeitnehmerin erneut unter Fristsetzung auf, sein Büro zu verlassen. Genauso wirkungslos waren die anschließende Drohung mit der Polizei und der Hinweis auf eine mögliche Kündigung.

Polizei musste die Mitarbeiterin aus dem Büro entfernen

Erst nach 3 Stunden konnte die herbeigerufene Polizei die Situation beenden. Sie führte die gekündigte Mitarbeiterin aus dem Büro. Sie verließ dann den Betrieb. Am nächsten Tag erhielt der Arbeitgeber dann auch noch eine E-Mail, in der die Mitarbeiterin unter anderem ausführte: "Wer solche Vorgesetzte hat, benötigt keine Feinde mehr."

Dem Arbeitgeber reichte es jetzt und er kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Über die Kündigung musste schließlich das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entscheiden.

LAG hält fristgemäße Kündigung für gerechtfertigt

Die Richter sahen zwar keinen Grund für eine fristlose Kündigung, wohl aber für eine fristgemäße. Daran, dass das Verhalten der Mitarbeiterin eine besonders schwere Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten darstellte, ließen sie keinen Zweifel. Auch die über 20-jährige beanstandungsfreie Beschäftigungsdauer half ihr nicht mehr weiter. Denn schließlich habe der Arbeitgeber immer wieder versucht, die Situation zu deeskalieren und immer wieder Konsequenzen angedroht, ohne dass sich das Verhalten der Mitarbeiterin in irgendeiner Weise änderte.

Daneben begründeten die Richter ihre Auffassung auch damit, dass die Arbeitnehmerin eine Vorbildfunktion als Vorgesetzte habe. Auch eine Abmahnung als milderes Mittel hätte nicht ausgereicht, da sie nicht zur Wiederherstellung des notwendigen Vertrauens beigetragen hätte.

Das bedeutet für Sie

Entscheidend war für die Richter, dass der Vorgesetzte immer wieder versucht hatte, die Situation zu deeskalieren. Sollten Sie einmal in eine vergleichbare Situation kommen, sollten Sie sich daran orientieren.

  • Ziehen Sie vorsichtshalber einen Zeugen hinzu.
  • Weisen Sie den Mitarbeiter nachweisbar darauf hin, dass dieses Verhalten rechtswidrig ist.
  • Wenn es einen Betriebsrat gibt, bitten Sie ihn um Vermittlung. Gibt es keinen Betriebsrat, setzen Sie einen anderen Vermittler ein.
  • Setzen Sie dem Mitarbeiter eine Frist, innerhalb derer er das Büro zu verlassen hat.
  • Weisen Sie darauf hin, dass Sie nach Ablauf der Frist von Ihrem Hausrecht Gebrauch machen und dass die weitere Anwesenheit nach Ablauf dieser Frist einen strafbaren Hausfriedensbruch darstellt.
  • Weisen Sie auf das oben genannte Urteil des LAG Schleswig-Holstein hin und die Möglichkeit einer Kündigung.
  • Kündigen Sie an, die Mitarbeiter notfalls mit polizeilicher Hilfe aus dem Büro zu entfernen.
  • Fertigen sie unmittelbar nach dem Vorfall eine Aktennotiz, aus der sich das Verhalten des Mitarbeiters und ihrer Maßnahmen, um die Situation zu deeskalieren, ergeben.