Eignungsdiagnostiker – können sie den Berufserfolg eines Bewerbers voraussagen?

Eignungsdiagnostische Verfahren haben den Anspruch, mit wissenschaftlichen Methoden den Berufserfolg vorherzusagen. Ein Anspruch, der auf der Überlegenheit des Verstandes beruht. Bei der Entscheidung, wer für eine Aufgabe geeignet ist und dann eingestellt wird, kann es keine Gewissheit geben, weil es sich immer um eine Prognose handelt. Demach müssen Eignungsdiagnostiker hellseherische Fähigkeiten haben.

Die wissenschaftlichen Gütekriterien bei eignungsdiagnostischen Verfahren sind Objektivität (= die Antworten sind unabhängig vom Interviewer), Reliabilität (= Verlässlichkeit wissenschaftlicher Messungen) und Validität (Eignung eines Messverfahrens). Außerdem müssten die Anwender diagnostischer Verfahren die Anforderungen der Deutschen Industrie-Norm (DIN 33430) erfüllen.

Mit den Messergebnissen gaukeln sie eine Sicherheit vor, die es nicht geben kann, weil der Berufserfolg von Dingen abhängt, die nicht messbar und noch weniger vorhersehbar sind. Gefühle kommen bei Eignungsdiagnostiker nicht vor.

DIN 33430

Bestandteil der Eignungsdiagnostik ist die Deutsche Industrienorm 33430: "Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen". Das klingt sehr offiziell und soll ähnlich wie beim Qualitätsmanagement (En ISO 9001) Standards setzen. Gleichwohl sind diese Normen nicht verbindlich, sondern lediglich Empfehlungen.

Das Deutsche Institut für Normen ist eine private Organisation, bei der große Firmen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften vertreten sind. Bei der DIN 33430 waren neben dem Institut für Normen auch die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (privates Beratungsunternehmen) und der Berufsverband Deutscher Psychologen beteiligt. Hier werden handfeste Interessen vertreten.

Beurteilung von Verhalten ist immer subjektiv

Wer über die Einstellung von Mitarbeitern entscheidet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Beurteilung von Leistung, Verhalten und Persönlichkeitseigenschaften eine objektive, allgemeingültige Aussage nicht zulässt. Eine Beurteilung kann nur subjektiv sein und schließt eine Fehleinschätzung nicht aus, weil Menschen eben Fehlern und Schwächen unterliegen.

Eignungsdiagnostiker wollen uns weismachen, dass man menschliches Verhalten und Persönlichkeitseigenschaften objektiv beurteilen könne. Es gibt keine allgemeingültigen und verbindlichen Richtlinien des Handelns.

Ein Mensch, ein Bewerber kann in seiner Komplexität – wenn überhaupt – nur in einem Gespräch ausgelotet werden. Es ist nicht alles rational fassbar. Es geht um Gefühle, um Sympathie und Antipathie, das Irrationale, um alles, was nur intuitiv erfasst werden kann. Ein Interviewer will einen Bewerber verstehen, seine Motive kennenlernen, seine Widersprüchlichkeiten aufdecken, sein Interesse, seine Leidenschaft, seine Glaubwürdigkeit, was er denkt und fühlt.

Erkenntnisse der Hirnforschung

Wenn man die Wissenschaft beim "Vermessen der Persönlichkeit" bemüht, dann sollte man auch die Erkenntnisse der Hirn- und Intuitionsforschung nicht außer Acht lassen, Einstellungs-Entscheidungen sind nicht nur rational. Jede Entscheidung brauche einen emotionalen Anstoß, so der amerikanische Neurologe Antonio Damasio, weil aus purem Verstand heraus ein Mensch nicht handeln kann.