Pressemitteilung schreiben: Entwickeln Sie ein Gespür für die journalistische Tagesordnung

Besonders kleine und mittlere Organisationen tun sich oft schwer, mit Ihren Pressemitteilungen genügend Aufmerksamkeit zu bekommen. Damit Sie von den Redaktionen beachtet werden, sollten Sie ein Gespür für die journalistische Tagesordnung entwickeln. Schreiben Sie Ihre Pressemitteilung möglichst mit einem aktuellen Bezug.

Jede Pressestelle wird behaupten, dass ihre Texte immer wichtig sind. Sonst würden Sie ja keine Pressemitteilungen schreiben. Allerdings bestimmen nicht Sie, was von den Redaktionen als relevant eingestuft wird. Journalisten bewerten Aktualität vor allem danach, was andere Journalisten schreiben. Sie müssen nicht auf jeder Medienwelle mitreiten, aber zumindest beobachten, was gerade auf der Tagesordnung steht.

Reagieren Sie mit Ihrer Pressemitteilung auf aktuelle Themen
In der Praxis bedeutet das, mit einem Thema vielleicht noch zu warten, bis sich eine bessere Gelegenheit zur Veröffentlichung ergibt. Oder Sie sind in der Lage, eine Pressemitteilung passend zu aktuellen Themen herauszugeben. So wird ein Pharmahersteller ein neues Grippemittel kaum im Sommer vorstellen, wohl aber könnte er mit einer Ankündigung auf hysterisch anmutende mediale Epidemien zur Schweine- oder Vogelgrippe reagieren.

Auf die journalistische Tagesordnung zu reagieren, bedeutet nicht, dass Sie immer mit dem Strom schwimmen müssen. Wenn in der Krise regelrechte Untergangsstimmungen erzeugt werden, fällt eine optimistische Unternehmensnachricht vielleicht besonders auf. Aber nicht nur latente Probleme überlagern oft andere Themen. Auch große Ereignisse bestimmen das mediale Interesse. Das können planbare Themen wie Wahlen oder Sportereignisse sein, ganz vorn natürlich Fußballmeisterschaften. Aber auch unvorhersehbare Ereignisse wie Unglücke und Katastrophen.

So traurig der Einsturz des Kölner Stadtarchivs im März 2009 war, die Dienstreise von Zwickauer Archivaren nach Köln wäre unter anderen Umständen sicher keine Erwähnung wert gewesen:

"Zwickau/Köln (dpa/sn) – Rund zwei Monate nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs werden Archivare aus dem sächsischen Zwickau ihre Kollegen im Rheinland bei den Aufräumarbeiten unterstützen. Sechs Mitarbeiter reisen vom 4. bis 8. Mai nach Köln, wie die Stadtverwaltung am Montag mitteilte.“ (dpa, 27.4.09)

Theorie spricht vom Agenda Setting
In den Kommunikationswissenschaften wird den Medien die Funktion des Agenda Settings zugeschrieben. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, dass die Massenmedien bestimmen, was auf der Tagesordnung steht. Ohne hier auf die zahlreichen Wechselwirkungen zwischen Medien, Öffentlichkeitsarbeit und Publikum einzugehen, ist für Ihre Pressearbeit wichtig zu wissen, dass es Themen gibt, die gerade „heiß diskutiert“ werden und solche, die entweder noch nicht oder nicht mehr von Interesse sind.

Es ist nachvollziehbar, dass Ihre Pressemitteilung ins Leere läuft, wenn das Thema von der Mehrheit der Journalisten gerade als "alter Hut“ oder anderweitig irrelevant eingestuft wird. Ob wir das nun gut finden oder nicht: Die Wichtigkeit eines Themas misst sich für die Medien nicht nach objektiven Maßstäben. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, warum der Hunger in Afrika nicht ständig auf Seite 1 der Zeitungen ist? Für die Menschen die darunter leiden, ist er jeden Tag genau so schlimm. Nur in unserer medialen Wahrnehmung nicht.