Ist eine Chartanalyse sinnvoll zur Aktienauswahl?

Bei der Aktienauswahl greifen viele Anleger auch auf die sogenannte Chartanalyse oder technischen Analyse zurück. Doch was ist die Chartanalyse und kann sie bei der Aktienauswahl und -bewertung unterstützen?

Mithilfe der
Chartanalyse
wird versucht, aus Kursverläufen der Vergangenheit und statistischen Deutungen Rückschlüsse auf die Entwicklung von Aktienkursen in der Zukunft zu ziehen. Anders ausgedrückt: Es wird nach wiederkehrenden Mustern in der Kursentwicklung einer Aktie oder eines Index (z. B. DAX, Stoxx) gesucht und es wird unterstellt, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass sich der Kurs der Aktie oder des Index künftig weiter so verhält, wie in der Vergangenheit.

Dabei stehen vor allem Prognosen für die Kursentwicklung der kommenden Wochen und Monate im Fokus. Langfristige Analysen, mit einem Zeithorizont von 10 und mehr Jahren, sind weniger häufig zu finden. Ein stark vereinfachtes Beispiel verdeutlicht den grundsätzlichen Zusammenhang:

Ist es bei einer Aktie in der Vergangenheit häufig dazu gekommen, dass der Kurs über einen Zeitraum von mehreren Monaten um 10 – 12 % steigt und dann über einen Zeitraum von ebenfalls mehreren Monaten um 5 – 8 % fällt, unterstellen Chartanalysten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es künftig mit dem Kurs genauso weitergeht, groß ist.

Anleger können dann z. B. ihre Aktivitäten so steuern, dass sie nach ein paar Monaten verkaufen und bei einem Kursrückgang wieder kaufen. Bei der Chartanalyse zur Aktienauswahl wird nach wiederkehrenden "Formationen", also stets ähnlichen Kursverläufen, gesucht, um die Prognosewahrscheinlichkeit zu verbessern.

Die Chartanalyse ist fester Bestandteil der Aktienanalyse und es gibt zahlreiche Börsenprofis, die sich auf diese Analyseform spezialisiert haben und nur oder überwiegend auf Basis dieser Untersuchungen Ihre Aktienauswahl entscheiden. Die Chartanalyse ist aber in der Praxis nicht unumstritten, da lediglich versucht wird, aus den Vergangenheitsdaten auf die künftige Entwicklung zu schließen.

Andere Aspekte, wie z. B. Marktstellung, Gewinnentwicklung, Zukunftsfähigkeit der Branche oder verlässliche Geschäftsmodelle, bleiben bei der Chartanalyse weitgehend außen vor. Die Zahl der Befürworter und Gegner ist wohl in etwa gleich groß, auch wenn es mehrere Studien gibt, die belegen, dass die Chartanalyse für die Aktienauswahl unwirksam ist. Dennoch halten viele Experten an dieser Form der Analyse fest und sind von deren Nutzen überzeugt.

Unabhängig davon, ob man selbst von der Chartanalyse überzeugt ist oder nicht, sollte man sich immer die Mühe machen, sich auch über die sogenannten Fundamentaldaten eines Unternehmens zu informieren, bevor man ein Wertpapier kauft:

Wie haben sich Umsätze, Verkaufszahlen und Gewinne in den letzten Jahren entwickelt? Liegen die Steigerungsraten mindestens im Branchenschnitt? Wie sind die Zukunftsaussichten? In welchen Märkten ist ein Unternehmen aktiv? Will es expandieren? Reicht das dafür vorhandene Geld? Ist das Geschäftsmodell verständlich und auch zukunftssicher? Gehört das Unternehmen einem großen Index an? Ist es auch international tätig?

In einem Punkt gehört die Chartanalyse aber unbedingt zur Aktienauswahl und Bewertung von Aktien: Steigt der Kurs über einen Zeitraum von 15, 20 und mehr Jahren im Kern kontinuierlich an (Mögliche Ausnahmen: besonders große kritische Wirtschaftsentwicklungen, wie z. B. die Finanzkrise vor einigen Jahren)?

Ist das der Fall, ist das ein eindeutiges Qualitätsmerkmal und die Wahrscheinlichkeit, dass der Kurs künftig weiter so verläuft, wenn die Fundamentaldaten weiterhin stabil bleiben, ist sehr hoch. Insofern kann die Chartanalyse die Gesamteinschätzung bzw. -bewertung einer Aktie durchaus abrunden und ergänzen.