Als ich erfuhr, dass die braune Bohne längst weltweit der zweitwichtigste Rohstoff ist, reifte in mir rasch der Entschluss, auch einmal den Kaffeemarkt zu beleuchten.
Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 158 Litern war Kaffee im vergangenen Jahr der Deutschen liebstes Getränk. Die gemahlenen braunen Bohnen locken Kunden vor allem wegen der zahlreichen Sonderangebote in die Geschäfte. Dagegen scheint Kaffee aus fairem Handel, der Erzeugern einen Mindestpreis garantieren soll, auf den ersten Blick teuer. So kostet das Pfund Kaffee des Fair Handelshauses Gepa 6,98 Euro, Jacobs-Kaffee dagegen nur 2,49 Euro. Die Discounter locken auch schon mal mit 1,99 Euro für das Pfund. Die Kaffeepreise haben damit hier zu Lande einen neuen historischen Tiefstand erreicht.
Niedergang durch hohe Überproduktion Während sich die Verbraucher in Europa, in den USA oder Japan darüber freuen, dass die braunen Bohnen so billig sind, treibt der Preisverfall dort, wo die dazugehörigen Pflanzen wachsen, die Menschen zur Verzweiflung. Rund 25 Millionen Menschen in Mittel- und Südamerika, Asien und Afrika, die weltweit mit dem Anbau der Kaffeepflanze sowie mit Kaffeehandel und -transport beschäftigt sind, müssen ihre Bohnen unter den eigenen Produktionskosten verkaufen. Der Niedergang findet seine Ursache in einer weltweiten Überproduktion von jährlich etwa zehn Prozent, gepaart mit extremen Niedriglöhnen in den Anbauländern.
Was die Kaffeebohnen wert sind, bestimmt die Börse täglich neu. Seit sieben Jahren kennt der Preis allerdings fast nur eine Richtung: nach unten. Nach einem Höchststand von über drei Dollar werden derzeit am New York Board of Trade pro englischem Pfund (453 Gramm) für hochwertige Arabica-Bohnen nur noch etwa 69 US-Cent (Juli-Kontrakt) gezahlt. Wegen einer unerwartet geringen Ernte und vorübergehenden Verschiffungsproblemen im größten Kaffeeland Brasilien war der Preis für Rohkaffee seit dem vergangenen November zwar zwischenzeitlich auf 81 US-Cent, später dann sogar auf 87 US-Cent geklettert; inzwischen ist er jedoch nach Einschätzung fast aller Marktteilnehmer wieder deutlich zu niedrig.
Das meint auch James Rogers, der vor mehr als 30 Jahren mit dem Großinvestor George Soros einen berühmten Hedge-Fonds gründete. Er stuft neben Kaffee auch die beiden anderen Frühstückszutaten Zucker und Orangensaft als lukrative Investments ein. Und nach dem „Voluntary Market Sentiment Survey“, einer nichtwissenschaftlichen Erhebung zu wichtigen Finanzprodukten, sind derzeit 60 Prozent der Marktteilnehmer für die Preisentwicklung bei Rohkaffee bullish, 14,5 Prozent neutral und 25,5 Prozent bearish gestimmt.
China – der neue Mega-Markt? Ich meine, dass die Chancen für höhere Preise tatsächlich gut sind. Stellen Sie sich nur einmal vor, immer mehr Chinesen lernten den Geschmack eines aufgebrühten Kaffees zu schätzen. Marc Faber aus Hongkong, der unabhängige Vermögensverwalter mit dem Zopf, schlägt in die gleiche Kerbe. Seine Argumentation für deutlich anziehende Preise: Der Schweizer trinke 50-mal mehr Kaffee als der Chinese, aber es gebe 200-mal mehr Chinesen als Schweizer. Ich gebe zu, das liest sich wie ein Slogan und wirkt sehr reißerisch. Aber bedenken Sie: Schon heute ist in dem bevölkerungsreichsten Land der Erde der Kaffeegenuss in der Mittelschicht zum unverzichtbaren Kennzeichen für Kultiviertheit geworden. Zwar füllen erst wenige Prozent der Chinesen ihre Tassen mit Kaffee statt Tee. Doch lassen sich jedes Jahr Millionen bekehren, um zu demonstrieren, dass sie es zu etwas gebracht haben. Folgerichtig breiten sich rasch Kaffeebars in China aus. Und Kaffeehersteller aus aller Welt machen sich Marktanteile streitig, um von diesem Trend zu profitieren, las ich kürzlich in „China heute“, einer mehrsprachigen Monatszeitschrift der Volksrepublik.
Kaffee-Aktien – Aroma fürs Depot Zugegeben, ein Kaffee-Boom in China – das ist aus heutiger Sicht noch Zukunftsmusik. Wenn Sie allerdings spekulativ eingestellt sind, können Sie sich als kleine Depotbeimischung schon jetzt ein paar Kaffee Open End-Zertifikate der niederländischen Bank ABN Amro ins Depot legen – oder bei noch höherer Risikobereitschaft sogar Mini-Futures aus dem gleichen Hause. Weniger riskant als Mini-Futures sind auf jeden Fall Aktien von profitabel wirtschaftenden Unternehmen wie Starbucks und Saeco oder Green Mountain Coffee, die ich Ihnen hier im Dreierpack noch kurz vorstellen möchte.
Bei Starbucks laufen die Geschäfte blendend. Die US-Kaffeehauskette steigerte ihre Umsätze im Juni deutlich auf 517 Millionen Dollar nach 410 Millionen Dollar im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dies ergibt ein Plus von satten 26 Prozent. Die Starbucks-Aktie gehört seit einem Jahr zu den Spitzenwerten des Kurszettels: Seit Juli 2003 legte das Papier um 80 Prozent zu. In der vergangenen Woche kletterte es auf über 46 Dollar und markierte damit ein neues Allzeithoch. Angesichts dieser fulminanten Entwicklung ist die Aktie für die Mehrzahl der Analysten daher jetzt nur noch eine Halteposition.
In den vergangenen Jahren hat sich Saeco zum weltweit führenden Hersteller von Kaffee- und Espressomaschinen für Haushalt und Gewerbe entwickelt. Analysten erwarten nach Angaben des Finanzdienstleisters Multex Investor für das Geschäftsjahr 2004 (2005) einen Umsatz von 454 (483) Millionen Euro und einen Ertrag von 54,93 (61,18) Millionen Euro. Der Gewinn pro Aktie soll jeweils 0,27 Euro betragen. Sieben Investmenthäuser benoten die Italiener mit 3,29 auf einer von eins (Strong Buy) bis fünf (Sell) reichenden Bewertungsskala.
Es ist über zehn Jahre her, da Robert Stiller, Gründer und Chef des Unternehmens Green Mountain Coffee Roasters, ein gänzlich anderes Geschäftsmodell als die Konkurrenz ersann: Green Mountain röstet und verkauft ausschließlich Kaffee, der unter fairen Arbeitsbedingungen und ökologisch nachhaltigen Verfahren angebaut wird. Die braunen Bohnen stehen bei US-Verbrauchern hoch im Kurs. Deshalb gelingt es Green Mountain auch seit Jahren, Umsatz und Gewinn zu steigern. Nebenbei unterstützt das Unternehmen Organisationen, die sich dem Umweltschutz verschrieben haben.
Zumindest den Bundesbürgern scheint fairer Kaffee aber zu teuer zu sein, denn seit Jahren kommt dieses Angebot über einen Marktanteil von einem Prozent nicht hinaus. Dabei bieten Unternehmen wie Green Mountain Coffee und Fair Handelshäuser wie Gepa nicht nur ein gutes Gewissen, sondern auch braune Bohnen in Spitzenqualität. Und die wollen schließlich alle – nicht nur die Freunde teurer Saeco-Maschinen.
Michael Heimrich, Redaktion „Privatfinanz-Letter“
Bildnachweis: knlml / stock.adobe.com