Erbstreit ums Haus oder um die Immobilie vermeiden – eine Checkliste

Bei Erbschaften in Deutschland spielen Immobilien eine immer wichtigere Rolle. Denn jetzt werden verstärkt die Vermögen der Nachkriegsgeneration, die besonders stark in die eigenen vier Wände investiert hat, an die Kinder oder Enkel übertragen.

Diese Entwicklung kann allerdings einen problematischen Nebeneffekt haben. Gab es nämlich kein gültiges Testament oder hat der Verstorbene gleich mehrere gleichberechtigte Erben benannt, gehört die Immobilie künftig mehreren Verwandten gemeinsam.

Häufige Folge ist ein langwieriger Erbstreit. Schließlich kann ein Gebäude in der Regel nicht aufgeteilt werden und Entscheidungen zu der Immobilie müssen einvernehmlich getroffen werden. Stellt sich einer der Miterben quer, kann er die Handlungsfähigkeit einer Erbengemeinschaft lange Zeit blockieren. Die Immobilien kosten dann Geld und bringen keine Einnahmen.

Mehrheitsbeschlüsse nur selten erlaubt

Mehrheitsbeschlüsse sind in solchen Fällen auch nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz aus diesem Jahr (5 U 505/10) nur in Ausnahmefällen erlaubt. Laut der Richter dürfen zwar Teile des Immobilienvermögens aufgrund von Mehrheitsbeschlüssen der Eigentümer verkauft werden. Voraussetzung ist aber, dass sich der Wert des gesamten Immobilienvermögens nicht wesentlich verändert. In der Praxis erfüllt daher nur sehr großer Immobilien-Besitz diese Bedingung. Von diesem kann dann ein kleiner Teil per Mehrheitsentscheidung verkauft werden.

Also sollten Familien bei der Erbschaftsplanung eher darauf setzen, diese Streitigkeiten zu vermeiden oder schnell zu lösen:

  • Familien müssen frühzeitig überlegen, wie das Vermögen der Eltern auf die nachfolgenden Generationen verteilt werden kann. Bekommt einer der Erben die Immobilie und der andere Geld und Schmuck, sind die Besitzverhältnisse klar und der Immobilien-Streit bleibt aus.
  • Häufig muss in solchen Fällen – um eine Gleichbehandlung der Erben zu erreichen – der neue Immobilieneigentümer anderen Erben noch einen finanziellen Ausgleich überweisen. Ist eine solche Konstellation absehbar, sollten die Betroffenen frühzeitig Geld für die anstehende Zahlung zurücklegen oder ansparen.
  • Das Ansparen ist z. B. mit Hilfe eines Bausparvertrags möglich. Da die Auszahlung von Miterben in solchen Fällen als "wohnwirtschaftlicher Zweck" gilt, gibt es sogar einen Anspruch auf entsprechende staatliche Zuschüsse, beispielsweise die Wohnungsbauprämie und die Möglichkeit günstiger Zwischenfinanzierungs-Zinsen. Das ist gerade in einer Zeit, in der viele Experten steigende Inflationsraten und Zinsen erwarten, ein großer Vorteil.
  • Bei der Erstellung des Testaments müssen viele formale Einzelheiten beachtet werden. Denn ist ein letzter Wille aufgrund von rechtlichen Fehlern ungültig, gilt die gesetzliche Erbfolge. Und dann erben häufig wieder mehrere Familienmitglieder gemeinsam, obwohl das eigentlich anders vorgesehen war. Somit kann die fehlende Unterschrift am Ende des Testaments oder das vergessene Datum fatale Folgen haben und jahrelangen Streit verursachen.
  • Bürger, die ein Testament machen wollen, sollten sich – um die Formalitäten zu beachten –   sicherheitshalber von einem Fachmann beraten lassen. Das kann, muss aber nicht immer, ein Rechtsanwalt sein. Auf Nummer sicher gehen Familien auch, wenn Sie einen Erbvertrag vor einem Notar schließen.
  • Hellhörig sollten Mitglieder einer Erbengemeinschaft werden, wenn ein Miterbe seinen Eigentums-Anteil verkaufen will. Dann haben die Mitbesitzer der Immobilie nämlich ein zweimonatiges Vorkaufsrecht und können verhindern, dass unliebsame Dritte die Entscheidungen der Erbengemeinschaft weiter erschweren.
  • Scheint die Situation bei einer Erbengemeinschaft aussichtslos, kann jedes Mitglied einen Antrag auf Auflösung und Verteilung der Besitztümer stellen. Häufig wird es dann zwar nicht die zunächst vorgeschriebene einvernehmliche Lösung geben, aber schließlich gab es schon vorher Streit. Aber nach diesem ersten Schritt kann zunächst das Nachlassgericht als Vermittler eingeschaltet und der Auflösungsprozess fortgesetzt werden.

Scheitert auch dieser Einigungsversuch, so können ein oder mehrere Miterben Klage einreichen und so die Trennung von den übrigen Miterben verlangen. Dann ist die endgültige Beendigung der Erbengemeinschaft nur noch eine Frage der Zeit.