Schluss von Anlageverhalten auf Risikobereitschaft ist erlaubt

Bei einer Anlageberatung haben Sie ein Recht darauf, dass man Sie mit Ihrer Risikobereitschaft und Ihren Anlagezielen ernst nimmt. Ihr Berater darf Ihnen nicht eine beliebige Geldanlage empfehlen. Er muss Ihr Anlageziel und Ihre Risikobereitschaft kennen, um dann seine Beratung danach auszurichten. Doch er muss Sie nicht bei jedem Beratungsgespräch erneut nach Ihrer Risikobereitschaft fragen.

Worauf Ihr Berater achten muss

Ihr Anlageberater muss Sie nicht nur richtig und vollständig über das Produkt, einschließlich der sich ergebenden Risiken, aufklären. Er muss Ihnen auch eine Anlage empfehlen, deren Eigenschaften und Risiken zu Ihnen, Ihren Kenntnissen und Anlagezielen passen.

Dabei darf Ihr Berater aber aus Ihrer bisherigen Anlagestrategie darauf
schließen, welche Strategie Sie künftig verfolgen werden. So urteilte
das Oberlandesgericht Frankfurt am 03. Februar 2012 (OLG Frankfurt, Az. 19 U 177/11).
Im vorliegenden Fall wollte ein Anleger von seiner Bank Schadensersatz
einklagen. Er behauptete, dass der Bankberater ihm Zertifikate und
Zertifikatfonds empfohlen habe, obwohl er eigentlich eine risikoarme und
konservative Anlagestrategie verfolgen wollte.

Ihr Risikoprofil darf aus Ihrem Anlageverhalten abgeleitet werden

Der Anleger erklärte im Beratungsgespräch nicht, die Anlagestrategie ändern zu wollen. Er hatte bereits mehrfach in risikobehaftete Geldanlagen investiert und galt deswegen als erfahren. Der Berater durfte daher davon ausgehen, dass die bisherige Strategie weiter verfolgt werden sollte. Die Praxis, aus der bisherigen Zusammensetzung des Depots auf die zukünftigen Anlagen zu schließen, sei möglich, ohne bei jeder Beratung erneut ein Risikoprofil erstellen zu müssen. Die Richter des OLG Frankfurt gaben der Bank Recht.

Beachten Sie: Je erfahrener Sie sind, desto mehr Wissen darf Ihr Berater voraussetzen. Haben Sie beispielsweise bereits mehrfach in Zertifikate investiert, so darf Ihr Berater davon ausgehen, dass Ihnen die Verlustrisiken bekannt sind. Dadurch entfällt zwar die Aufklärungspflicht über Verlustrisiken nicht, aber die Anforderungen zu Ihrer Erfüllung sind geringer. So musste der Berater im Fall, den das OLG Frankfurt zu entscheiden hatte, nicht mehr über das Bonitätsrisiko und die fehlende Einlagensicherung aufklären.

Fazit der experto-Redaktion: Weisen Sie Ihren Berater entweder auf Ihr Anlageziel oder zumindest Ihre Risikobereitschaft hin. Achten Sie darauf, dass dies auch im Beratungsprotokoll vermerkt wird. Mit einem vollständigen und eindeutigen Beratungsprotokoll können Sie später eine etwaige Falschberatung belegen und so zumindest Ihren finanziellen Schaden ersetzt erhalten.