Kulturdimensionen und Kulturstandards: Unsicherheitsvermeidung

Es gibt sowohl verschiedene Kulturdimensionen als auch Kulturstandards, die sich durch bestimmten Kriterien voneinander unterscheiden. Eine Dimension ist dabei die Unsicherheitsvermeidung oder Risikobereitschaft, die im Folgenden näher dargestellt werden soll.

Der Kulturstandard Unsicherheitsvermeidung – eine Definition
Der Kulturstandard "Unsicherheitsvermeidung" wird definiert durch den "Grad, bis zu dem sich die Angehörigen einer Kultur durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen". (1)

In Ländern, in denen dieser sich auf einem niedrigen Niveau bewegt, bedeutet dies u. a., dass hier "Unsicherheit als Bestandteil des Lebens akzeptiert wird, Toleranz gegenüber Andersartigem eher gewährt ist, Regeln nur so weit als nötig erstellt werden. In Ländern mit einem hohen Grad an Unsicherheitsvermeidung hingegen besteht die Tendenz, Abweichungen zu sanktionieren, alles per Gesetz zu regeln, Spezialisten einen hohen Rang einzuräumen." (2)

Der Kulturstandard Unsicherheitsvermeidung – Auswirkungen auf die Gesellschaft
Länder mit einem stark ausgeprägten Bedürfnis nach Unsicherheitsvermeidung werden in der interkulturellen Arbeit mit folgenden Sätzen beschrieben:

  • "Die dem Leben innewohnende Unsicherheit wird als ständige Bedrohung empfunden, die es zu bekämpfen gilt
  • Emotionales Bedürfnis nach Regeln, selbst wenn diese niemals funktionieren
  • Großer Stress; subjektives Gefühl der Angst
  • Aggression und Emotionen können bei geeigneten Gelegenheiten herausgelassen werden – Akzeptanz bekannter Risiken; Angst vor nicht eindeutigen Situationen und unbekannten Risiken
  • Strenge Regeln für Kinder hinsichtlich dessen, was als schmutzig und tabu gilt
  • Schüler mögen strukturierte Lernsituationen und richtige Antworten
  • Lehrer müssen auf alles eine Antwort wissen
  • Emotionales Bedürfnis nach Geschäftigkeit; innerer Drang nach harter Arbeit
  • Präzision und Pünktlichkeit sind natürliche Eigenschaften
  • Zeit ist Geld
  • Unterdrückung abweichender Gedanken und Verhaltensweisen; Widerstand gegen Innovation
  • Was anders ist, ist gefährlich
  • Motivation durch Sicherheitsbedürfnis und Wertschätzung oder soziale Bedürfnisse" (3)

Ein eher niedriger Grad der Unsicherheitsvermeidung existiert in den asiatischen Ländern, mit Ausnahme von Japan und Korea, in den afrikanischen Ländern und den angelsächsischen und nordischen Ländern sowie den Niederlanden. Die lateinamerikanischen und südeuropäischen Länder sowie Japan und Südkorea weisen eine eher höhere Tendenz auf. Die deutschsprachigen Länder wie Deutschland, die Schweiz und Österreich nehmen einen mittleren Rang ein (3).

(1) Hofstede, G. Cultures and Organisations. Software of the Mind, S. Berkshire 1991, S. 113
(2) ders. S. 113
(3) ders. S. 113