Bandscheibenvorfall: Können Sie einer Pflegekraft kündigen?

Wenn eine in einem Alten- und Pflegeheim beschäftigte Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen und zwar aufgrund eines Bandscheibenvorfalls auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, ihre vertraglich geschuldeten Tätigkeiten zu verrichten, so kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen.

Wann kann eine Kündigung im Pflegeheim erfolgen?

Voraussetzung hierfür ist, dass eine Versetzung der Mitarbeiter/in weder auf ihrem bisherigen oder einen anderen – freien – Arbeitsplatz möglich und zumutbar war. Diese hat das LAG Schleswig-Holstein in seinem Urteil. v. 08.12.1995 – 6 Sa 184/95 (Vorinstanz: ArbG Kiel, Urt. v. 08.12.1994 -H 5a Ca 1610/94) beschlossen. Im vorliegenden Fall ging es um eine Krankenschwester, die in einem Alten- und Pflegeheim beschäftigt war. Darüber hinaus hatte sie einen Abschluss als "Lehrerin für Pflegeberufe".

Kündigung mit gutem Grund

Die Klägerin erlitt einen Unfall, in dessen Folge es zu einem Bandscheibenvorfall kam. Durch diesen Unfall war die Krankenschwester nur noch sehr eingeschränkt in der Lage ihre Tätigkeit zu verrichten. Ein ärztliches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass sie nicht mehr in der Lage ist die Tätigkeiten einer Pflegerin auszuüben. So soll sie im Bereich der Altenpflege nicht mehr mit schwerem Heben und Tragen eingesetzt werden, da andernfalls eine Verschlechterung ihres Leidens zu erwarten ist. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass sie noch bestimmte Tätigkeiten der Behandlungspflege erledigen könne.

Kündigungen bei Erkrankungen des Pflegepersonals sind leider manchmal unumgänglich

Demgegenüber hat das Pflegeheim überzeugend dargelegt, dass die Aufgaben einer Krankenschwester in einem Alten- und Pflegeheim, die – wie vorliegend – hauptsächlich in der Grund- und Behandlungspflege der Heimbewohner mit überwiegend Schwer- und Schwerst-Pflegebedürftigen bestehe, nicht nach dem Grad der jeweils erforderlichen körperlichen Belastung für die Pflegekräfte aufteilbar seien. Die Beklagte führte weiter aus, dass jede Pflegekraft in der Lage sein muss jede Tätigkeit jeder Zeit ausführen zu können.

Umschulung statt Kündigung

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht folgten der Argumentation des Pflegeheims und führten weiter aus:

Eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes an die Leistungsminderung des Arbeitnehmers sei dem Arbeitgeber regelmäßig dann nicht zuzumuten, wenn dies zu einem personellen Mehrbedarf führen würde. Eine Beschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz bestehe dann, wenn der Arbeitnehmer an einem freien Arbeitsplatz, ggf. auch nach einer Umschulung oder zu geänderten Arbeitsbedingungen, weiter beschäftigt werden könne.
Als „frei“ seien nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die unbesetzt sind oder in absehbarer Zeit frei werden. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet einen neuen Arbeitsplatz (z. B. durch Umorganisation) zu schaffen, wenn hierfür kein dienstliches Bedürfnis besteht, oder gar einem anderen Mitarbeiter zu kündigen.

Das angeklagte Pflegeheim konnte nachweisen, dass eine Umsetzung auf einen neuen Arbeitsplatz nicht möglich war, auch konnte der bisherigen Arbeitsplatz nicht verändert werden. In diesem Fall billigten die Arbeitsgerichte daher die Kündigung und folgten damit der herrschenden Rechtsprechung. 

Es kann sich lohnen, Kündigungen anzufechten

Pflegende und Arbeitgeber sollten in einem ähnlich gelagerten Fall überprüfen, ob der Betroffene nicht doch noch anderweitig im Unternehmen beschäftigt werden kann, so z. B. in der Pflegeberatung. In solchen Fällen sollte umgehend auch das Integrationsamt angesprochen werden. Hier kann der Arbeitgeber umfangreiche monetäre Hilfen für die Weiterbeschäftigung einer solchen schwerbehinderten Mitarbeiterin bekommen.

Es stehen Eingliederungshilfen zur Verfügung, in Zuge derer der Arbeitgeber Gehaltsanteile vom Integrationsamt für längstens zwei Jahre erstattet bekommen kann. Darüber hinaus stehen Hilfen für die behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes zur Verfügung.