Wie versöhnen Sie sich mit Ihren eigenen Schwächen?

Bedingt durch Sozialisation und Erziehungsmaßnahmen wird uns schon früh beigebracht, dass es sogenanntes "erwünschtes" als auch "unerwünschtes" Verhalten gibt. Letzteres sollte im Idealfall abgelegt werden. Ist dies jedoch für die Persönlichkeitsentwicklung förderlich?

Bereits in jungen Jahren wird Kindern beigebracht, dass sie Verhaltensweisen als auch Persönlichkeitszüge haben, die unerwünscht und gefälligst abzulegen oder zu verbessern seien. Im Grund genommen geht es in dieser Forderung, die zum einen durch Eltern entsteht beziehungsweise zum anderen auch von der Gesellschaft erwünscht ist, darum, Personen hervorzubringen, die nahezu „perfekt“ sind.

Die eigentliche Frage dabei ist jedoch, was denn nun Perfektion ausmacht oder ob es nicht viel eher „perfekt“ ist, eben genau diese schwierigen Anteile in die Persönlichkeit zu integrieren, um dadurch eine authentische Persönlichkeit entwickeln zu können.

Entstehung von Selbstzweifel

Durch entsprechende Erziehungsmaßnahmen wie beispielsweise positive und negative Verstärkung (Lob oder Bestrafung) wird eine Haltung erzeugt, die betont, dass nicht alles an der eigenen Person liebenswürdig ist. Diese Idee hat zur Folge, dass Selbstzweifel und Ideen von Minderwertigkeit entstehen und letztendlich ein Leben in einem
ständigen Kampf mit den eigenen Schwächen ausgefochten wird.

Durch bestimmte Reaktionen auf „unangebrachte“ Verhaltensweisen werden diese jedoch vielfach erst recht verstärkt: Wird beispielsweise ein wütendes Kind für dessen Wutausbrüche bestraft, wird die Wut dadurch um ein Vielfaches wachsen und die Symptomatik als auch das Verhalten verstärken.

Der Dalai Lama stellt immer wieder in Interviews erstaunt fest, dass die „westlichen Menschen“ unglaublich viele Selbstzweifel hätten, was er nicht verstehen könne. Er finde das in seinem Kulturkreis weniger bis gar nicht. Was ist denn nun der Grund dafür?

Stärkung der Selbstannahme

Ein wesentlicher Faktor, der zur Stärkung der Selbstannahme führen kann, ist in den sogenannten Brahmaviharas zu suchen und zu finden: Als wesentlicher Faktor darin ist wohl die Liebe (Metta) zu betrachten. In der Metta-Praxis, die in vielen buddhistischen Traditionen einen hohen Stellenwert hat, geht es darum Liebe und Selbstliebe zu entwickeln. Dies wird üblicherweise durch die „guten Wünsche“ praktiziert. Somit werden zunächst für sich selber Wünsche formuliert die folgendermaßen lauten: Möge ich wohlauf sein, möge ich in Frieden sein, möge es mir wohl ergehen.

Diese Wünsche sind in jeglicher Form nach Lust und Laune als auch Bedürfnissen zu variieren. So kann ein guter Wunsch auch Geduld, Gleichmut oder Zufriedenheit beinhalten. Es wird auf jeden Fall davon ausgegangen, dass die Basis der Liebesfähigkeit immer bei sich selber zu suchen ist. Unabhängig davon, ob die Kindheit besonders liebevoll oder eher emotional karg war, kann sich somit jeder zunächst sich selbst zuwenden. Der nächste Schritt kann dann darin bestehen, diese „guten Wünsche“ an eine Person zu richten, die eine wichtige Rolle im eigenen Leben spielt. Dadurch ist es zum einen möglich, die Eigenliebe als auch die Beziehung zur anderen Person zu bestärken.

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