Kreatives Schreiben: Ein Konflikt ist das Salz in der Suppe (Teil 3)

Ein Tag ohne Reibungspunkte und Stolpersteine ist ein schöner Tag. Jedoch nur im richtigen Leben. In einer Geschichte sorgt ein Konflikt dafür, dass der Leser anbeißt und gierig weiterliest. Dabei muss der Widerstreit nicht in lauten Auseinandersetzungen bestehen. Die meisten Konflikte schleichen sich auf Samtpfoten an.

Kreatives Schreiben: Eine perfekte Welt auf dem Papier ist gähnend langweilig
Können Sie sich vorstellen, einen 300-Seiten Roman zu lesen, der von Anfang bis Ende von einer perfekten Familie erzählt, in der es niemals Streit gibt, in der jeder zufrieden ist damit was er ist und tut. Eine Geschichte, in der das Auto immer geputzt im gepflegten Vorgarten steht. Und die Nachbarn ebenfalls alle glücklich, neidlos, froh durch den Tag gehen?

Geben Sie´s zu: Sie warten seit spätestens zwei Zeilen auf das ABER. Auf das, was hinter der Fassade steckt. Darauf, dass die Mutter ihre Koffer packt, um mit dem Familienvater aus dem Nachbarhaus einen Hanfladen in der City zu eröffnen.

Warum braucht Kreatives Schreiben Konflikte?
Sie sind – wie jeder Mensch – täglich kleinen und größeren Reibungspunkten ausgesetzt, die Sie zu überwinden suchen. Im besten Fall wachsen Sie daran. Im schlimmsten zerbrechen Sie. In beiden Fällen entwickelt sich Ihre Persönlichkeit. Das erwarten Sie als Leser von den Figuren einer Geschichte. Sie wollen mit ihnen mitleiden, beobachten, welche (inneren) Kämpfe sie bestehen und wie sie (hoffentlich) gestärkt und verwandelt aus dem Konflikt entsteigen.

Mögliche Konflikte für das kreative Schreiben

  • Innere Konflikte:
    Die Heldin der Geschichte kämpft mit den Pfunden, fühlt sich in ihrer Haut nicht wohl, hat Fantasien dass der Ehepartner gegen einen Brückenpfeiler knallt.
  • Konflikte mit anderen:
    Nachbarn, die das Leben schwer machen, mobbende Schul- oder Arbeitskollegen, Streit in der Ehe oder zwischen den Generationen
  • Naturgewaltige Konflikte:
    Michel von Lönneberga kämpft mit dem Schneesturm, um zu Alfred dem kranken Knecht zu gelangen. Für heutige Großstadtmenschen ist es eine gewaltige Umwälzung wenn der Strom ausfällt, weil der Blitz eingeschlagen hat.
  • Gesellschaftliche Konflikte:
    Alleinerziehend, arbeitslos, arm oder alt. Alles was Menschen aus dem gesellschaftlichen Leistungsmaßstab kippen lässt, ist ein Füllhorn für Konflikte.

Konflikte auf die Zielgruppe abstimmen
Jeder Leser hat sein persönliches Päckchen zu tragen. Hat seine eigenen wunden Punkte. Deshalb können Sie als kreativer Schreiber niemals alle Leser gleichermaßen in den Bann ziehen. Überlegen Sie, wer Ihre potentiellen Leser sind und mit welchen Widrigkeiten diese Menschen ringen, womit sie sich identifizieren können.

Gleichzeitig entlastet Sie als Schreiber diese Tatsache: wenn ein Leser mit Ihrer kreativen Geschichte nichts anfangen kann, muss nicht Ihre Geschichte schlecht sein. Es liegt vielleicht daran, dass ihm das Konfliktthema fern liegt – es ihn im buchstäblichen Sinn nicht "berührt".