Die Klassische Reitlehre: Die Dehnungshaltung und ihre Bedeutung

Die Dehnungshaltung ist in der Klassischen Reitlehre das erste Ziel, dass es zu erreichen gilt. Denn nur durch die Dehnungshaltung kann zuverlässig erreicht werden, dass das Pferd mit Reiter seine Balance findet, Verspannungen abbaut und bei tätiger Hinterhand mit dem Rücken schwingt.

In der Klassischen Reitlehre gilt der Grundsatz, dass jedes Pferd – ganz gleich ob junge, verrittene oder sich im "Normalzustand“ befindende – lernen müssen, den Hals fallen zu lassen, ihn lang zu machen und sich in der Tiefe an das Gebiss beziehungsweise den Zügel heranzudehnen (Dehnungshaltung). Denn nur durch das Reiten in die Tiefe bzw. in der Tiefe kann erreicht werden, dass das Pferd mit dem Reiter seine Balance findet, Verspannungen abbaut und bei tätiger Hinterhand mit dem Rücken schwingt.

Der wichtige Grundsatz in der Klassischen Reitlehre, die Dehnungshaltung, war fast vergessen
Dieses Langmachen und Fallenlassen des Halses (Dehnungshaltung) war aus dem Bewusstsein fast aller Reiter verschwunden. Selbst in den 90-er Jahren stieß sogar bei Profis der Hinweis auf diesen für die Reiterei so wichtigen Vorgang auf Skepsis und Unverständnis. Das gipfelte in der Meinung, auch ein in der Aufrichtung hinter der Senkrechten gehendes Pferd könne am Zügel stehen.

Die Folgen sind nicht übersehbar: Bis zur höchsten Klasse gehen viele, um nicht zu sagen, fast alle Pferde mehr oder weniger hinter der Senkrechten, und das Genick bildet dadurch nicht den höchsten Punkt in der Aufrichtung. Alois Podhajsky, der langjährige Leiter der Spanischen Hofreitschule, Wien, sagt, "Nie darf jedoch die Nase hinter die Senkrechte kommen, weil dadurch das Pferd am Vorwärtsgehen gehindert Verhaltenheit zeigt.“

Heute redet jeder vom Reiten in die Tiefe (Dehnungshaltung)
Leider nur mit vagen oder falschen Vorstellungen, wie dies auszusehen hat – die Umsetzung dieser Vorstellungen in der Praxis ist entsprechend. Beachtlich und erfreulich zugleich ist jedoch, dass nach inzwischen wohl wieder herrschender Meinung jedes Pferd- ganz gleich ob A- oder S-Pferd – zu Beginn der Arbeit (also in der Lösungsphase) in die Tiefe zu reiten sei.

Der Zwang ist in der Klassischen Reitlehre tabu
Diese Forderung ist nicht so leicht zu erfüllen, was die Erfindung und Verwendung diverser Hilfsmittel zeigt. Stoßzügel, Dreieckszügel, Chambon und dergleichen mehr sollen das Pferd zum Fallenlassen des Halses veranlassen.

Anderen wiederum ist die Wichtigkeit des Langmachens und Fallenlassens des Halses (Dehnungshaltung) überhaupt noch nicht bewusst; sie binden die Pferde kurz aus und meinen, durch die dadurch erzwungene Rundung und Aufrichtung des Halses das Pferd zu lösen beziehungsweise zu gymnastizieren. Gerade das Gegenteil tritt ein: Die Pferde verspannen sich durch die Einschnürung immer mehr und können zu keiner echten Losgelassenheit kommen.

Zwang, sei es durch Hilfsmittel, sei es durch falsches Arbeiten, kann aber niemals zu Losgelassenheit führen.

Durch das Treiben ist das Pferd an den Zügel in der Tiefe heranzubringen.