Die Hafenstadt Gdansk. Tor zur Welt & Handelsplatz für Bernstein & Co.

Nicht nur für die größte Backsteinkirche der Welt, das Krantor aus dem 14. Jahrhundert oder die exzellente Erreichbarkeit des noblen Seebades ist die Stadt an der Danziger Bucht angesagt. Neben Marienkirche und Sopot ist die Region um die Dreistadt Gdansk-Sopot-Gdynia seit der Antike Welthandelsplatz für das Gold des Nordens, wie man das zu Stein gewordene, goldene Harz der Nadelbäume nennt.

Das Gold des Nordens

In den Gassen der historischen Stadt oder auf der jährlich stattfindenden, weltgrößten Bernsteinmesse „Amberif“ bieten an die 2000 Schmuckhersteller antiken oder zeitgenössischen Schmuck und Accessoires aus Bernstein und exportieren das hohe Gut in alle Welt. Von Europa über Asien bis nach Amerika erfreut sich der baltische, goldfarbene Stein in fantasievoller Verarbeitung mit Gold und Silber seit Jahr und Tag großer Beliebtheit. Aber auch wenn Sie nicht zur Internationalen Messe für Designschmuck aus Bernstein, der größten Fachveranstaltung Polens in die Stadt gekommen sind, präsentiert sich an der Uferpromenade nahe der Motlawa und in zahlreichen Gassen rund um Hafen und die Marienkirche Edles und Vergnügliches mit dem wunderschönen Stein.

Historisches

Von der Motlawa kommend führt der Weg auf der Langen Gasse in Richtung Bernsteinmuseum durch das mittelalterliche Vortor, die Stiegen hinauf in den Stockturm, der in fünf Sektionen die Entstehungsgeschichte des goldfarbenen Steins bis zur Verarbeitung dokumentiert: in einer Multimediashow wird das Geheimnis des Harzes und des Bernsteinwaldes gelüftet – zu den Eigenschaften und Einschlüssen des Steins werden Hintergründe und Fragen beantwortet – zur Bearbeitung und zur Nutzung als Heilmittel zeigt die Ausstellung Beispiele des Bernsteinhandwerks von Georg Laue aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Antike und moderne Exponate aus Privatkollektionen machen die große Show im historischen Gemäuer komplett. Mit dieser reichhaltigen Information rund um den Stein finden Sie auf dem Weg entlang der „Amber Fifth Avenue“ (Mariacka Str), wo in einigen Duzend Geschäften und Galerien außergewöhnlicher Schmuck und Dekorationsgegenstände angeboten werden die richtigen Stücke.

„Neben diesen Bernsteinohrringen, die zu meinem über 80 Jahre alten Erbstück passen, konnte ich in einem Depot für antiken Schmuck einen Goldring mit vierzehn Karat für 585 Zloty erstehen. Das sind umgerechnet ungefähr 139 Euro“, schwärmt die Schmuckliebhaberin. „Der Ring stammt aus Russland“, beruhigt der Verkäufer seine Kundin, die sich besorgt über die Herkunft des antiken Schmuckstücks zeigt: „Nicht dass er ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg ist“, so die auf der Suche nach Schmuck und ihren familiären Wurzeln Reisende.

Naturbernstein aus der Danziger Bucht

Den echten Stein aus der Danziger Bucht und dem Weichsel-Delta zeichnet ein großes Farbspektrum und ein großer Grad an Durchsichtigkeit aus. „Dieser hier ist auf jeden Fall ein echter Naturbernstein. Meine Mutter hatte diesen Ring, gefasst in handgearbeitetem Silber in den 1930er Jahren von einem Verehrer geschenkt bekommen. In Erinnerung und auf der Suche nach meinen Wurzeln lerne ich die heutige Stadt Gdansk durch die Augen meiner Mutter kennen“, verrät die Tochter. Die ausgezeichneten Merkmale verdankt der Naturbernstein seiner geologischen Vergangenheit: in den Dünen der Ostseesonne erhitzt, am Strand unter wechselnden Feuchtigkeitsbedingungen oxidiert und unter dem Druck des Gletschers gepresst, entwickelte sich der originale Bernstein, das Sukzinat von vor 40 Millionen Jahren aus dem fossilen Harz der Nadelbäume. Unter dieser Bezeichnung mit drei bis acht Prozent Bernsteinsäure entstand hier das echte Gold des Nordens – nur diese Merkmale unterscheiden Sukzinat von über 100 anderen bisher identifizierten fossilen Harzen.

Zentrum europäischer Bernsteinkunst

Bernstein hat in Europa und dem baltischen Raum seit Jahrhunderten einen verlässlichen Wert. Historischen Zeugnissen zufolge geben Funde über Verarbeitung und Handel mit dem erstarrten Harz aus der Umgebung von Danzig und der Weichsel-Nehrung auf das achte bis vierte Jahrtausend v. Chr. Auskunft. Schon zu dieser Zeit wurden Bernsteinamulette mit Tier-, Pflanzen- oder Götterfiguren hergestellt. Archäologische Funde der 1980er und 1990er Jahre zeugen vom Beginn des Handels in an die eintausend Werkstätten, in denen Gebrauchsgegenstände und Zierrat produziert wurden. Die Blütezeit des Kunstschaffens datiert auf das 17. und 18. Jahrhundert, als in Danziger Werkstätten zahlreiche Stücke auf Bestellung des Adels, reicher Bürger, Geistlicher oder Monarchen geschaffen wurden – darunter auch vom französischen SonnenkönigLudwig XIV.

Bis heute ist die Wirkung des goldglänzenden Steins ungebrochen – die Stadt gründete das „World Amber Council“, unterstützt das „Amber Delta Cluster“, die Schmuckwerkstatt der Schönen Künste und ist an der „Amber Ambassador“ nominiert: die bekannte polnische Fotografin, ehemaliges Model und Persönlichkeit der Modewelt, Lidia Popiel wurde mit diesem Titel ausgezeichnet.

Danziger Bucht und Bernsteinstraße

Anfänglich verlief der Bernsteinhandel entlang der Donau und breitete sich durch eigenständige Expeditionen weiter aus. Der Begriff „Bernsteinstraße“ aus dem im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. sei eher als Richtung von Handels- und Kulturaustausch zu sehen, verweisen Archäologen auf mehrere Routen von Handelswegen. Überlieferungen zufolge zogen die Handelsleute auch entlang der Städte Elblag (Elbling), Malbork (Marienburg) und Jantar (Pasewark). Aus dieser Region stammt auch das legendäre Bernsteinzimmer, das der preussische König Friedrich I. (1657 in Königsberg geboren) für sein Berliner Schloss Charlottenburg aus mehr als sechs Tonnen Bernstein anfertigen ließ und das sein dritter Sohn Friedrich Wilhelm I.(1688 in Berlin geboren) dem Zaren von Russland schenkte. Seit dem Zweiten Weltkrieg gilt es als verschollen und es ranken sich zahlreiche Geschichten und Legenden um seinen Verbleib.

Quellen: Vor-Ort-Recherche.

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