Laufen: Kompression bei Strümpfen besser flächig oder partiell?

Kompression ist momentan der Modebegriff schlechthin im Laufsport. Ob es sich um Kompressionsstrümpfe, Hosen oder Oberteile mit Kompression handelt – alles verkauft sich. Doch welche Form der Kompression ist beim Laufen die Beste: flächig oder partiell?

Zumindest bei den Kompressionsstrümpfen haben sich mittlerweile zwei Fronten gebildet: auf der einen Seite die Vertreter der flächigen Kompression (u. a. die Hersteller cep und 2XU), auf der anderen Seite die der partiellen Kompression, vertreten u. a. durch X-Bionic. Wo liegt der Unterschied?

Flächige Kompression: Gleichmäßiger Druck
Wie bereits im Artikel Laufen: Was bringen Kompressionsstrümpfe? beschrieben, wird die gesamte Wade bei der flächigen Kompression einem konstanten Druck ausgesetzt. Hierdurch verspricht man sich u. a. eine Stützung der Muskulatur, einen verbesserten Sauerstofftransport und eine beschleunigte Regeneration – kurzum, eine größere Leistungsfähigkeit.

Studien verschiedener Universitäten, etwa der Universität Erlangen-Nürnberg und der TU Dresden haben einen solchen Effekt nachgewiesen. Eine Studie der Deutschen Sporthochschule Köln wiederum ist zu dem Ergebnis gekommen, dass flächige Kompression beim Sport einen Athleten nicht schneller mache. Im Gegenteil: Der Druck würde die Blutzufuhr sogar abschnüren.

Und in der Tat verzichten zum Beispiel viele Profi-Ausdauerathleten auf das Tragen von Kompressionsbekleidung im Wettkampf. Insbesondere Triathleten führen hierbei zeitliche Gründe an: Es würde beim Wechsel vom Rad auf die Laufstrecke einfach viel zu lange dauern, sich die Kompressionsstrümpfe anzuziehen.

Bei der Regeneration sieht es dagegen anders aus. Hier setzen viele Sportler auf Kompressionsbekleidung, weil sie glauben, dass diese die Durchblutung nach der Belastung fördert und sie so früher wieder belasten können.

Partielle Kompression: Thermoregulation im Vordergrund
Bei der partiellen Kompression, wie sie etwa das Schweizer Unternehmen X-Bionic bei seinen Strümpfen einsetzt, werden dagegen viele, nur wenige Quadratmillimeter große Bereiche der Wade komprimiert. Hierdurch soll sich die Thermoregulation verbessern und der Athlet leistungsfähiger werden.

Denn in der Tat ist der Mensch am leistungsfähigsten bei einer Körpertemperatur von 37°C. Bereits bei jedem Zehntelgrad, das hiervon abweicht, muss der Körper Energie aufwenden, die nicht mehr zur Leistungserhaltung zur Verfügung steht. Daher sollte es das Ziel eines jeden Sportlers sein, die Körpertemperatur stets im Bereich von 37°C zu halten.

Hierfür ist bei Hitze eigentlich das Schwitzen zuständig. Steigt die Körpertemperatur zu sehr an, kühlt der Schweiß sie wieder herunter. Durch das Tragen von Kleidung wird dieser Effekt jedoch oft eingeschränkt.

An diesem Punkt setzen X-Bionic & Co. an. Partielle Kompression an der Wade funktioniert im Grunde wie der gute alte Wadenwickel. Dieser wurde schon von unseren Großeltern zur Senkung der Körpertemperatur eingesetzt, bei Fieber vor allem.

Bei X-Bionic wird der Schweiß zur Kühlung direkt eingesetzt. Die Kleidung ist so konzipiert, das der Schweiß nicht komplett abgegeben wird, sondern ein leichter Schweißfilm auf der Haut verbleibt, der die Temperatur runter reguliert. Andere Kleidungsstücke des Schweizer funktionieren nach einem ähnlichen Muster, andererseits werden auch schnell auskühlende Körperregionen "warm“ gehalten; alles mit dem Ziel, eine Körpertemperatur um 37°C zu erhalten.

Einschätzung zur Kompression beim Laufen
Ich selber habe bereits Kompressionsstrümpfe beider Gattungen (flächige und partielle Kompression) ausprobiert. Ebenso bin ich selbstredend "klassisch“ ganz ohne Kompression an der Wade gelaufen. Während der Belastung selber habe ich auch auf lange Sicht keinen zählbaren Zugewinn durch Kompressionssocken gegenüber Laufen mit herkömmlichen Socken erfahren.

Gerade bei hohen Temperaturen erwiesen sich jedoch Strümpfe mit partieller Kompression als besonders angenehm beim Tragen – sogar angenehmer als kurze Laufsocken, bei denen häufig der Schweiß unangenehm an den Beinen herunterläuft.

In der Regeneration habe ich dagegen keinen Unterschied zwischen flächiger und partieller Kompression feststellen können. Für meinen Geschmack beschleunigen beide die Regeneration – wenngleich auch hier die Möglichkeit besteht, dass es sich um einen reinen Placebo-Effekt handelt.

Fazit
Noch widersprechen sich viele Studien zum Thema Kompression. Bis man ein sicheres Urteil über den Sinn und Unsinn bzw. die "richtige“ Form der Kompression fällen wird, werden sicherlich noch ein paar Jahre vergehen. Ich persönlich bin nach wie vor der Ansicht, dass ein strukturiertes und abwechslungsreiches Training den größten Beitrag zu einer guten Performance leistet. Allerdings kann einem ein gutes (Trage-) Gefühl auch einen Vorteil verschaffen; und wenn es "nur“ ein psychologischer ist.