Schule: Lehrer haben pädagogischen Beurteilungsspielraum bei der Notengebung

Immer mehr Eltern sind bereit, Streitigkeiten über die Noten ihrer Kinder vor Gericht zu klären. Das sollte aber für Lehrer kein Grund sein, bei allen Meinungsverschiedenheiten klein beizugeben. Denn oft stellt sich bei Gericht heraus, dass die Schule mit ihrer Notengebung richtig lag.

Beispiel: An einem bayrischen Gymnasium hatte es zwischen den Eltern und der Schule Streit über die Versetzung eines 10.-Klässlers gegeben. Die Versetzung war an der Englischnote gescheitert. Der Notendurchschnitt betrug zwar 4,4, dennoch gab die Lehrerkonferenz dem Schüler in der Zeugniskonferenz eine 5.

Begründet wurde diese Note mit dem Argument, dass der Schüler insgesamt über eine schlechte Arbeitshaltung und für die Oberstufe absolut unzureichende Englischkenntnisse verfüge. Auch vor dem Hintergrund, dass der Schüler sich im 2. Schulhalbjahr nicht nur in Englisch, sondern auch in 3 weiteren Fächern erheblich verschlechtert habe, sei es aus pädagogischen Gründen gerechtfertigt, diese Note zu erteilen.

Die Eltern bestanden allerdings auf eine bessere Note und auf Versetzung ihres Sohnes. Sie argumentierten, dass sich die Benotung allein an der sich aus dem Durchschnitt der im Laufe des Schuljahres erteilen Einzelnoten orientieren dürfe. Die Richter am „Bayerischen Verwaltungsgerichtshof“ stellten sich aber mit ihrem Urteil vom 02.01.2002 (Aktenzeichen: 7 ZE 01.2889) auf die Seite der Schule. Sie urteilten, dass eine Zeugnisnote mehr ist als der Durchschnitt aller Einzelnoten eines Schulhalbjahres. Sie gestanden den Lehrern auch einen gewissen pädagogischen Beurteilungsspielraum zu.

Das bedeutet: Zeugnisnoten, die von der sich rechnerisch ergebenden Gesamtnote abweichen, sind durchaus möglich und auch gerichtlich haltbar, wenn sie pädagogisch begründet werden können. Wichtig ist allerdings, dass die Gründe für die Benotung nachvollziehbar sind und gewichtige pädagogische Gründe für die ggf. „schlechtere Note“ sprechen.

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