Das Christentum und die Emanzipation der Gläubigen: Spaltungen

Im Christentum wurde durch die Institution Kirche die Emanzipation der Gläubigen zurückgenommen. Eine Geschichte voller Spaltungen war die nahezu zwingende Folge. In den Jahrhunderten nach der Kirchengründung kam es immer wieder zu Abspaltungen. Dies, obwohl der Wunsch zu möglichst großer Einheit in Lehre und Brauchtum der Gemeinden gegeben war.

Nationale Spannungen und innerkirchliche Gegensätze führten zur Abspaltung der Nestorianer und Monophysiten. Die bereits seit dem 5. Jhd. n.WZR schwelenden Streitigkeiten zwischen den Bischöfen von Byzanz und Rom führten 1054 n.WZR zu einem endgültigen Bruch. Seither stehen sich die orthodoxe Ostkirche und das Christentum des Abendlandes gegenüber. Erst in jüngster Zeit kommt es durch Papst Benedikt XVI zu Annäherungen.

Zur Zeit des Mittelalters war das Christentum in ganz Europa gegenwärtig und bestimmte maßgeblich die abendländische Kultur. Jedoch spalteten sich unter dem Einfluss der Reformation seit 1517 weite Kirchengebiete aus der katholischen Kirche ab.

Das Christentum, die Emanzipation der Gläubigen: Die besondere Problematik
Die Problematik, die im 16. Jhd. zur Entstehung einer neuen selbständigen Kirche führte, bezeichnet der Wissenschaftler G. Mensching als "religionsgeschichtliches Urphänomen" innerhalb des Christentums. Innerhalb der Institution Kirche gab es immer wieder Bestrebungen, welche der statischen und durchorganisierten, durch Priester vermittelten sakralen Kultfrömmigkeit jene ursprüngliche, urchristliche Frömmigkeit des Urchristentumg entgegensetzten wollten.

Mit seinem Protest gegen die Ablassinstitution und die Lehre der Werkgerechtigkeit wollte Martin Luther in seiner Zeit eine innerkirchliche Reform erwirken. Da seine Gedanken über und Vorwürfe gegen die Kirche auf einen längst schwelenden Missmut unter den Gläubigen trafen, resultierte aus seinen Forderungen eine religiöse Bewegung. Diese fand letztlich ihren Niederschlag in der Abspaltung der evangelischen Kirche.

Das Christentum, die Emanzipation der Gläubigen: Spannungsverhältnisse innerhalb des Christentums
Zwei für die christliche Religiosität relevante Faktoren wurden durch diese Spaltung der Kirche im Christentum verankert. Einerseits eine tiefe Verunsicherung der Gläubigen und andererseits eine Rückorientierung auf urchristliches Gedankengut. Die Vorstellungen Luthers orientierten sich an einem neuen, auf urchristlichem Gedankengut begründeten Verständnis von Persönlichkeit und Gemeinschaft. Dieses wirkt bis heute.

Die sich gegenüber stehenden Haltungen von selbstbewussten persönlichen Gott-Gläubigen-Verhältnis und Gott-Kirche-Gläubiger-Verhältnis führten immer wieder innerhalb des Christentums zu Spannungen. Sie unterstützten jedoch auch die historische Entwicklung des Abendlandes. Die Bewegungen "Wir sind Kirche" oder "Initiative Kirche von unten" spiegeln noch heute dieses besondere Spannungsverhältnis des Christentums.