Wie kann Ihr Unternehmen erfolgreich sein

Werbung, Filmindustrie und Kommunikationstrainings vermitteln das Bild des Aktiven und des Machers als erstrebenswert. Macher sind erfolgreich, haben Freunde, verdienen viel und sind "sexy". Und wer als Unternehmer oder Selbständiger erfolgreich sein will, dem wird empfohlen, zurückhaltendes Verhalten durch forsches und small-talk-gestähltes Auftreten zu ersetzen. Doch stimmt dies so wirklich?

Der größte Unternehmenserfolg wird mit einer Mischung aus introvertierten und extrovertierten Mitarbeitern geschaffen. Zurückhaltende und eher schüchterne Mitarbeiter werden durch die Meinungsbildner in den Medien eher als  Verlierer, Mauerblümchen, finanziell wenig erfolgreich und mit wenig Freunden charakterisiert. Soweit das Klischee.  Und wer möchte schon so sein?

Dennoch ziehen im wirklichen Leben viele Menschen ihre introvertierten und schüchternen Mitmenschen den aktiven, extrovertierten Machern vor. Und das mit gutem Grund. Nachfolgend sieben Argumente, wann und warum introvertiert-schüchterne Menschen gegenüber “Machern“ Vorteile haben – zum Beispiel als Mitarbeiter, Selbstständige oder Chefs im Kundenkontakt:

Grund 1: Zurückhaltung macht attraktiv – und glaubwürdig

Zurückhaltung und Bescheidenheit werden bei den meisten Menschen eng miteinander verknüpft. Ein gewisses Maß an Bescheidenheit empfinden die meisten als wohltuend, seriös, ehrlich und glaubwürdig. Übrigens: Wenn sich Zurückhaltende äußern, wird dies häufig von den Zuhörern schwerer gewichtet als die Äußerungen derjenigen, die die ganze Zeit reden. Von daher ist es eine Überlegung wert, ob Zurückhaltung nicht auch strategisch in Verhandlungen eingesetzt werden sollte.

Grund 2: Erst denken, dann handeln

Impulsives Handeln, also die bekannten „ad-hoc“-Entscheidungen (also Entscheidungen im Moment ohne Chance, sie zu überdenken), bringen Gefahrenmomente sowie langfristige, unnötige Risiken mit sich. Introvertierte und zurückhaltende Menschen tendieren dazu, Situationen zu durchdenken. Das hilft nicht nur bei geschäftlichen oder privaten Richtungsentscheidungen, sondern auch, um generelle Risiken zu senken oder ganz zu vermeiden. Zudem werden langfristige Ziele von zurückhaltenden Menschen in der Regel realistischer eingeschätzt und geplant.

Grund 3: Zugänglichkeit.

Die meisten Personen fühlen sich in Gesellschaft zurückhaltender anderer Menschen sicherer und wohler. Dadurch wird die Kontaktaufnahme erheblich erleichtert. Ideal ist es, wenn noch Empathie hinzukommt, also die Fähigkeit, gut zuzuhören und sich in das Gegenüber einzufühlen.

Grund 4: Ausstrahlung von Ruhe und Beruhigung

Ruhige Menschen haben meist auch einen beruhigenden Effekt auf andere, insbesondere wenn diese aufgeregt oder überdreht reagieren. Gerade diese Fähigkeit, nicht zu reagieren, kann sich in kritischen Situationen als sehr vorteilhaft erweisen (Beispiele: Verhandlungen, wütender Kunde).

Grund 5: Arbeitserfolge

Schüchterne Menschen tun sich oft in Gruppen schwer. Jedoch wirkt sich dies langfristig meist dahingehend aus, dass sie mit unangenehm empfundenen Situationen besser zurechtkommen als ihre lebhaften Mitmenschen. Außerdem fällt es ihnen meist leichter, sich zu konzentrieren und ganz fokussiert auf ein Ergebnis hinzuarbeiten. Und zwar auch alleine. Dies liegt nicht nur daran, dass sie seltener im Arbeitsfluss unterbrochen werden.

Ihnen fehlt auch der Zwang, sich beständig mit ihren Mitmenschen (Kollegen, Partnern usw.) auseinander setzen zu müssen. So entfällt auch das häufig anzutreffende Verhalten, sich beständig vor anderen rechtfertigen zu müssen (die Arbeit ist gut, schnell, fehlerlos). Letztlich fließt bei Introvertierten so mehr Aufmerksamkeit in die Ausführung selbst statt in die Darstellung der Ausführung einer Arbeit.

Grund 6: Freundschaften und Loyalität

Ruhige Menschen tendieren zu Loyalität und Beziehungen/ Freundschaften, die sich langsam entwickeln, dann aber auch lange halten. Hier steht mehr die Qualität als die Quantität im Vordergrund.

Grund 7: Zielerreichung

Die Gehirnforschung zeigt, dass zurückhaltende Menschen sowohl auf negative als auch auf positive Reize der Umwelt (Kritik/ Tadel und Lob/ Anerkennung) intensiver reagieren als ihre extrovertierten Mitmenschen. Während sie also soziale Situationen unangenehmer empfinden als ihre Kollegen, so erleben sie positive Ergebnisse viel lohnender und motivierender. Daher gehen manche Forscher davon aus, dass gerade diese erhöhte Sensibilität es ruhigen Menschen erleichtert, konsequent auf (langfristige) Ziele zuzuarbeiten.

Die Mitarbeiter-Mischung entscheidet

Wie in den meisten Bereichen, so sind Extreme ungut. Ein Betrieb, der weitestgehend auf extrovertierte Mitarbeiter setzt, wird genauso wenig dauerhaft erfolgreich sein wie ein Unternehmen, das nur aus introvertierten Angestellten besteht. Eine ausgewogene Mischung garantiert einen nachhaltigen Erfolg.

Wichtig ist es daher, bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter auf eine gute Passung zu achten:

  • Wo soll der neue Mitarbeiter eingesetzt werden?
  • Wie ist die Struktur der bereits vorhandenen Mitarbeiter (überwiegend introvertiert, extrovertiert oder besteht bereits eine ausgewogene Mischung)?
  • Wer sind die Kunden des neuen Mitarbeiters (Alter, Geschlecht, Erwartungen, Erfahrungen usw.)? Wie kommunizieren die Kunden am liebsten?
  • Bestehen Rollenerwartungen an den neuen Mitarbeiter seitens der Kunden? So wird beispielsweise von Kundenberatern in einer Bank eine gewisse Gediegenheit erwartet. Andererseits soll ein Partyveranstalter eher hip, cool oder exzentrisch sein, um seine Klientel zu begeistern.

Dass ein Mix besonders effektiv ist, beweisen übrigens viele Gründungen. Als besonders erfolgreich haben sich meist diejenigen erwiesen, bei denen ein zurückhaltender und ein noch außen aktiv agierender Gründer zusammen gearbeitet haben. Eines der bekanntesten Beispiele ist Apple. Der brilliante, aber eher introvertierte Tüftler Steve Wozniak sorgte für Aufsehen erregende technische Neuerungen.

Ihm gegenüber stand der nicht minder brillante Visionär und vor allem Marketing-Mann Steve Jobs. Der Aufstieg der gemeinsamen Firma war nur durch ihr sich ergänzendes Verhalten möglich. Ähnliche Beispiele lassen sich für fast alle großen Firmen finden: Am Anfang stand meist eine Idee, die aktiv nach außen getragen wurde, während im Unternehmensinneren ein Gegenpart für das reibungslose Funktionieren sorgte.

Aus dieser Erkenntnis heraus gibt es einige Gründungsberater, die eine Existenzgründung in einem extrovertiert-introvertiert gemischten Zweier-Team befürworten. Ihrer Erkenntnis nach können einmal dadurch viele Fehlentscheidungen schon vorab korrigiert werden, zum anderen stehen mehr kreative Ideen sowie Fähigkeiten und Kenntnisse zur Verfügung. Jedoch selbst, wenn die Gründungsphase schon längst beendet ist, so sind diese Argumente für die Auswahl weiterer Mitarbeiter bedenkenswert.

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