Lieferantenmanagement – Führen Sie Ihren Einkauf als Geschäftsprozess?

Die Bedeutung der Beschaffung für ein Unternehmen hat sich über die Jahre hinweg stark verändert. Früher wurde dem Einkauf eher eine operative Funktion zugeschrieben. Aufgaben des Einkaufs waren Preisverhandlungen zu führen, Bestellungen zu tätigen, Lieferungen und Rechnungen zu prüfen sowie die allgemeine Administration von Lieferantenbeziehungen.

Die neue Rolle des Einkaufs in der Wertschöpfungskette

Heute sind alle Unternehmen bestrebt, ihre internen Leistungsketten zu optimieren. Der Begriff Supply Chain Management beschreibt den Material- und Informationsfluss zwischen allen Teilnehmern innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Erstes Kettenglied ist der Einkauf und somit der Werttreiber für das ganze Unternehmen. Somit ist das eigene Leistungsverhältnis eines Unternehmens direkt abhängig von der Einkaufsleistung.

In Einkaufsabteilungen wird zwar häufig versucht Einkaufsleistungen zu verbessern, jedoch oft erst bei auftretenden Schwierigkeiten bezüglich Qualität, Konditionen oder Terminen. Das bedeutet, dass nur dann auch ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten erreicht werden kann, wenn mit den besten Lieferanten zusammengearbeitet wird. Aber es wird zunehmend schwieriger und wichtiger, geeignete Lieferanten auszuwählen, denn durch die Globalisierung der Märkte hat sich auch die Anzahl potenzieller Zulieferer sehr stark vergrößert.

Viele Betriebe arbeiten heute mit produktionssynchronen Beschaffungskonzepten, d.h. es wird versucht, die eigenen Lagerbestände möglichst zu minimieren, indem "die Lieferungen erst in dem Moment erfolgen, in dem die eigene Leistungserbringung diese benötigt". Man spricht bei diesen Konzepten auch häufig von Just-in-Time-Lieferungen (JIT).

Der Lieferant muss hinsichtlich Qualität, Liefertermin und -menge kurz-, mittel- und langfristig ein verlässlicher Partner des Kunden sein. Dazu ist es notwendig, alle Abnehmer-Lieferanten-Beziehungen zu gestalten, zu lenken und zu entwickeln. Diese Aufgabenstellung wird unter dem Begriff Lieferantenmanagement zusammengefasst.

Was macht erfolgreiches Lieferantenmanagement besser?

Erfolgreiches Lieferantenmanagement bringt in finanzieller Hinsicht zwei wesentliche Vorteile mit sich. Zum einen können Kostenvorteile erreicht werden, denn der Einkauf beeinflusst bis zu 60% der Kosten eines Unternehmens, abhängig von der Fertigungstiefe. Als logische Konsequenz wirken sich die dadurch erreichten Kostenvorteile direkt auf den Unternehmensgewinn und damit auf die Rentabilität eines Unternehmens aus.

Die Unternehmensberatung Bain & Company untersuchte diese Auswirkungen auf Gewinn und Rentabilität. Es zeigte sich, dass bei einer Einsparung im Einkauf von nur einem Prozentpunkt in der Konsumgüterbranche ein Gewinnpotenzial von bis zu 4% und im Handel sogar von bis zu 37% besteht (gemessen nach EBIT = Earnings Before Interests and Tax).

Der Prozess des Lieferantenmanagements als neue Kernkompetenz

Lieferantenmanagement spielt heute eine zentrale Rolle innerhalb des
Beschaffungsprozesses und umfasst alle Schritte von der Identifikation
potenzieller Lieferanten über die Bewertung der Lieferanten bis hin zur
Kontrolle und Steuerung der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung. Von großer
Bedeutung sind hierbei der Austausch und das Management von
Informationen zwischen den verschiedenen Phasen des Beschaffungs- und
Lieferantenmanagements.

Zum Beispiel müssen zur Identifikation neuer
oder vorhandener Lieferanten neben Informationen über die Bedarfs- und
Beschaffungssituation auch Daten durch die Beschaffungsmarktforschung
oder durch interne Informationsquellen bereitgestellt werden. Umgekehrt
können die Daten, die im Rahmen des Lieferantenmanagements gewonnen
werden, als Informations- und Ausgangsbasis für einzelne Aktivitäten in
der Beschaffungsmarktforschung dienen.

Der Prozess des
Lieferantenmanagements als Weiterentwicklung der traditionellen
Beschaffung ist heute zunehmend von wettbewerbsentscheidender Bedeutung.
Ziel eines optimalen Lieferantenmanagements ist es, bei minimalen
Beschaffungskosten und hoher Beschaffungseffizienz eine langfristige
Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Diese angestrebte Kombination
aus Kostenführerschaft und Differenzierungsstrategie setzt das
konsequente Ausnutzen von Kostenvorteilen bzw. Kosteneinsparpotenzialen
voraus, bei gleichzeitig hoher Innovationsfähigkeit und der strikten
Einhaltung von Qualitäts- und Zeitzielen.

Die Beschaffungsstrategie als Wettbewerbsvorteil

Zentrales Steuerungsinstrument des Lieferantenmanagements ist die
Beschaffungsstrategie, welche wiederum von der übergeordneten
Unternehmensstrategie des jeweiligen Unternehmens geprägt ist. Je nach
Größe und Philosophie des Unternehmens wird eine individuell auf das
Unternehmen zugeschnittene Beschaffungsstrategie entwickelt, mit der im
Anschluss alle Aktivitäten im Rahmen des Lieferantenmanagements, wie
z. B. die Definition der zu beschaffenden Objekte sowie deren
Bezugsquellen, abgestimmt werden.

Die Beschaffungsstrategie entscheidet
z. B. über Multiple oder Single Sourcing, d. h. ob ein bestimmtes Objekt
nur von einem oder von verschiedenen Lieferanten bezogen werden soll,
oder bestimmt die Leistungs- und Wertschöpfungstiefe eines Unternehmens,
d. h. evaluiert die Frage, ob ein für die Produktion benötigtes Teil
selbst gefertigt, oder eingekauft werden soll (Make-or-Buy).         

Somit ist die Beschaffungsstrategie zwar kein aktives Element des
Lieferantenmanagements, hat jedoch maßgeblichen Einfluss auf alle dort
zu fällenden Entscheidungen und wird durch die Unternehmensleitung zur
Steuerung desoperativen Einkaufs vorgegeben.

Wenn z. B. die Senkung von
Materialkosten das oberste Ziel eines Beschaffungsvorgangs ist, werden
die Auswahl- und Bewertungskriterien der Lieferanten entsprechend
angepasst und gewichtet, d. h. es kommt dem Kriterium "Preis" in Relation
zu anderen Bewertungskriterien wie etwa "Qualität" und "Lieferservice"
eine entsprechend größere Bedeutung zu.