Pflichtkollision bei der Geschäftsführerhaftung

Es kommt nicht mal selten vor, dass der Geschäftsführer einer GmbH in Haftung genommen wird. Oberstes Gebot lautet daher immer: Fehlverhalten zu vermeiden. Was aber, wenn sich zwei Gesetze widersprechen? Hier die Lösung!

Nach § 64 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) sind die Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Eine Ausnahme dieser Geschäftsführerhaftung beherbergte lediglich Satz 2 der Vorschrift. Danach sind Zahlungen von der vorgenannten Geschäftsführerhaftung ausgenommen, die auch nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.

Erfreuliche Entscheidung

Wie so oft steht man nun in der Praxis vor dem Problem der verklausulierten Formulierung. Tatsächlich ist nämlich nicht so einfach zu bestimmen, was tatsächlich mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbart ist und was nicht. Aktuell hat jedoch der Bundesgerichtshof hierzu eine erfreuliche Entscheidung getroffen, die den GmbH-Geschäftsführern den Rücken stärkt.

Mit Urteil vom 25. Januar 2011 (Az: II ZR 196/09) entschieden die obersten Richter, dass der Geschäftsführer nicht im Sinne von § 64 Satz 1 GmbHG haftet, wenn er nach Eintritt der Insolvenzreife rückständiger Umsatz- und Lohnsteuer an das Finanzamt zahlt. Ebenso kann eine solche Haftung nicht eintreten wenn rückständige Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung an die Einzugsstelle gezahlt werden.

Pflichtenkollision

Grund für diese positive Ausnahme im Sinne der Geschäftsführer ist eine Kollision der rechtlichen Pflichten eines Geschäftsführers. Wie schon gesagt darf dieser nämlich bei Insolvenzreife grundsätzlich keinerlei Zahlungen mehr leisten. Demgegenüber stehen jedoch die Regelungen der Abgabenordnung (AO) wonach die Geschäftsführer die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllen müssen. Werden hingegen die steuerlichen Pflichten der GmbH nicht durch die Geschäftsführer erfüllt, droht eine persönliche Haftung im Sinne von § 69 AO. Unter dem Strich ist darin eine mit einer Geldbuße bedrohte Ordnungswidrigkeit zu sehen.

Kein Verstoß gegen Massesicherungspflicht

Damit nun der Geschäftsführer nicht in jedem Einzelfall abwägen muss, ob die Befolgung der Massesicherungspflicht oder die Erfüllung der steuerlichen Abführungspflicht vorrangig zu befolgen ist, hat der Bundesgerichtshof entsprechende Steuerzahlung im Bereich der Umsatz- und Lohnsteuer als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar angesehen.

Ebenso sehen die obersten Richter keinen Verstoß gegen die Massesicherungspflicht, wenn rückständige Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung bezahlt werden. Aber aufgepasst: Rückständige Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung darf der Geschäftsführer keinesfalls abführen, da ansonsten wiederum die Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung im Sinne von § 64 Satz 1 GmbHG blüht.