Nahestehende Personen bei der verdeckten Gewinnausschüttung

Erhält eine einem Gesellschafter nahestehende Person einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil von dessen GmbH, ist darin eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen. Aus einkommensteuerlicher Sicht ist jedoch nicht die nahestehende Person, die den ungerechtfertigten Vermögensvorteil tatsächlich erhält, der Empfänger der verdeckten Gewinnausschüttung, sondern der Gesellschafter.

Als "nahestehend" wird dabei jede Beziehung eines Gesellschafters zu einer anderen Person bezeichnet, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der GmbH an die andere Person beeinflusst. Der Grund für den Vermögensvorteil muss sich also aus der Beziehung zwischen Gesellschafter und nahestehender Person ergeben.

Dem Kriterium "nahestehend" kommt also erhebliche Bedeutung zu. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein. Ein Verwandtschaftsverhältnis ist indes nicht erforderlich. Vielmehr kann schon eine enge persönliche Freundschaft oder eine eheähnliche Lebensgemeinschaft ausreichen. So auch der Bundesfinanzhof (Az: I R 139/94).

Vorteil Gesellschafter egal

Ebenso stellen die obersten Richter im Wege einer damaligen
Rechtsprechungsänderung in der vorgenannten Entscheidung klar, dass eine
verdeckte Gewinnausschüttung in Form der Zuwendung eines Vorteils an
eine einem Gesellschafter der GmbH nahestehende Person nicht
voraussetzt, dass die Zuwendung auch tatsächlich einen Vorteil für den
Gesellschafter selbst zur Folge hat. Dies dürfte dabei in der Praxis die
Regel sein. Schließlich wird ein überhöhtes Gehalt an den
Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter ist, aber gleichzeitig eine
nahestehende Person ist, in aller Regel keine Vorteile für den
Gesellschafter selbst haben.

Fraglich ist jedoch, ob auch eine verdeckte Gewinnausschüttung bei
einer nahestehenden Person, samt einkommensteuerlicher Zurechnung beim
Gesellschafter, angenommen werden kann, wenn der Gesellschafter davon
nichts weiß und nichts wissen konnte.

Diebstahl durch Nahestehenden

Dies könnte beispielsweise bei einem gekonnten Griff der nahestehenden Person in die Kasse der GmbH der Fall sein. In einem solchen Streitfall, in dem eine nahestehende Person Geld unterschlagen hat, hat der Bundesfinanzhof (Az: VIII R 54/05) im Leitsatz festgehalten: "Verschafft sich der Geschäftsführer einer Familien-GmbH, der nicht selbst Gesellschafter, aber Familienangehöriger eines Gesellschafters ist, widerrechtlich Geldbeträge aus dem Vermögen der GmbH, so ist dem Gesellschafter keine mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen, wenn ihm die widerrechtlichen eigenmächtigen Maßnahmen des Geschäftsführers nicht bekannt waren und auch nicht in seinem Interesse erfolgt sind."

Folgen des Urteils

In der Praxis sollte versucht werden, die vorgenannte Entscheidung auf alle Fälle anzuwenden, in denen das Finanzamt beispielsweise ein überhöhtes Gehalt an den nahestehenden Geschäftsführer reklamiert und insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung annehmen möchte.

Der Grund für diese Vorgehensweise: Klar und deutlich führt der Bundesfinanzhof in dem vorgenannten Leitsatz zwei Voraussetzungen an, die einschlägig sein müssen, damit aus einkommensteuerlicher Sicht eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vorliegt. Einmal darf die Zuwendung des ungerechtfertigten Vermögensvorteils nicht bekannt sein. Zum anderen darf sie nicht im Interesse des Gesellschafters erfolgen.

Wissentlich vs. Unwissentlich

Dies trifft auch zu, wenn ein nur knapp überhöhtes Gehalt für die nahestehende Person vorliegt. Dies kann unmöglich wissentlich erfolgt sein. Schließlich füllen die Studien zur Angemessenheit eines Geschäftsführergehaltes dicke Wälzer. Wer kann daher schon genau sagen, wann ein angemessenes und wann ein knapp überhöhtes Gehalt vorliegt. Wissentlich erfolgte also eine ungerechtfertigte Vermögensabgabe an eine nahestehende Person durch ein knapp überhöhtes Gehalt definitiv nicht. Ebenso steht ein knapp überhöhtes Gehalt nicht im Interesse des Gesellschafters, da insoweit sein eigenes Ausschüttungsvolumen begrenzt wird.

Fazit

Alles in allem sollte daher bei entsprechenden Sachverhalten auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes verwiesen werden. Auf diese Weise kann die verdeckte Gewinnausschüttung zwar nicht auf Ebene der Kapitalgesellschaft verhindert werden, immerhin könnte jedoch die einkommensteuerliche Zurechnung beim Gesellschafter verhindert werden. Auf konkretisierende Rechtsprechung sind wir gespannt und werden natürlich berichten.