Teilkostenrechnung: Definition, Aufgaben und Formen

Die hier vorgestellten Systeme der Teilkostenrechnung haben gegenüber der Vollkostenrechnung bedeutende Vorteile. Insbesondere können mit ihrer Hilfe Informationen über Preisuntergrenzen, Eigen- oder Fremdfertigung und der Sortimentsplanung gewonnen werden.

In der Vollkostenrechnung werden durch eine Proportionalisierung der Fixkosten die Kosten nicht korrekt abgebildet. Hierdurch ist die Vollkostenrechnung bei vielen betriebswirtschaftlichen Fragestellungen nicht aussagefähig. Um die damit verbundenen Probleme in den Griff zu bekommen, wurden verschiedene Systeme der Teilkostenrechnung entwickelt.

Definition der Teilkostenrechnung

Systeme der Teilkostenrechnung lassen sich definieren als Kostenrechnungssysteme, die nur einen Teil der Kosten den einzelnen Leistungen zurechnen. Bei diesem Teil handelt es sich zum größten Teil um die variablen bzw. direkt den Leistungen zurechenbaren Kosten.

In der Mehrzahl der Fälle werden im Rahmen der Teilkostenrechnung die variablen Kosten den verschiedenen Kostenträgern direkt angelastet. Die variablen Kosten bestehen aus den Einzelkosten und den variablen Gemeinkosten. Der andere Teil der Kosten, nämlich die fixen Kosten, bleibt im Rahmen der Teilkostenrechnung als Kostenblock bestehen oder wird in verschiedene Fixkostenschichten aufgeteilt.

Im Mittelpunkt der Teilkostenrechnung steht der Deckungsbeitrag, der sich aus der Differenz zwischen den Erlösen und den variablen Kosten ergibt.

Ziele der Teilkostenrechnung

Mit der Teilkostenrechnung sollen Probleme vermieden werden, die mit der Anwendung der Vollkostenrechnung zwangsläufig verbunden sind. Insbesondere werden mit der Teilkostenrechnung folgende Ziele verfolgt:

  • Die Teilkostenrechnung soll Informationen zur Ermittlung von (kurzfristigen) Preisuntergrenzen zur Verfügung stellen. Diese Information der Teilkostenrechnung ist vor allem in beschäftigungsschwachen Zeiten von Bedeutung, wenn sich am Markt durch die Verkaufspreise nicht mehr die Vollkosten decken lassen. Je nach Beschäftigungsgrad und der jeweiligen Unternehmenssituation liegt die kurzfristige Preisuntergrenze zwischen den variablen Kosten und den Vollkosten. Die Vollkostenrechnung ist – anders als die Teilkostenrechnung – aber gar nicht in der Lage, eine Aussage über variable Kosten zu machen.
  • Die Teilkostenrechnung soll entscheidungsrelevante Daten zur Frage von Eigen- oder Fremdfertigung liefern.
  • Ferner soll die Teilkostenrechnung Auswirkungen von Änderungen des Sortiments auf das Betriebsergebnis aufzeigen. Produkte mit einem negativen (Vollkosten-)Ergebnis können trotzdem noch einen Beitrag zum Abdecken der ohnehin vorhandenen Fixkosten leisten. Würde man der Empfehlung der Vollkostenrechnung folgen, und solche Produkte aus dem Produktsortiment verbannen, würde sich das Unternehmensergebnis verschlechtern.

Einsatz der Teilkostenrechnung zur Ermittlung der kurzfristigen Preisuntergrenze

Anders als die Vollkostenrechnung liefert die Teilkostenrechnung unter anderem Informationen über die kurzfristige Preisuntergrenze eines Produktes.

In Zeiten der Unterbeschäftigung wird ein Unternehmen auch solche Aufträge annehmen, die nicht die gesamten Kosten decken, deren Erlöse aber noch über den variablen Kosten liegen.

Bedeutung des Deckungsbeitrages im Rahmen der Teilkostenrechnung

Grundsätzlich sollten alle Leistungen, die ein Unternehmen am Markt anbietet, die vollen Kosten decken und einen Gewinn erwirtschaften. Es gibt aber zahlreiche Situationen, in denen man ganz bewusst in Kauf nehmen muss, dass der Erlös nicht die gesamten Kosten deckt. So kann ein Unternehmen bei Kuppelproduktion oder komplementären Produkten durchaus gezwungen sein, einzelne Produkte unter Vollkosten anbieten zu müssen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber, dass man den Deckungsbeitrag kennt, den die einzelnen Produkte erwirtschaften, und diese Information liefert nur ein System der Teilkostenrechnung.

Darüber hinaus dient der Deckungsbeitrag im System der Teilkostenrechnung als Entscheidungsgrundlage für Eigen- bzw. Fremdfertigung, d. h. ob bestimmte Teile – die zur Herstellung des eigentlichen Produktes benötigt werden – selbst gefertigt werden sollten oder ob es für das Unternehmen günstiger ist, die Fertigung an fremde Betriebe zu vergeben.

Teilkostenrechnung ermöglicht Sortimentsplanung

Bei der Teilkostenrechnung kann man anhand der Stückdeckungsbeiträge auch Entscheidungen über die Zusammensetzung des Produktsortiments treffen. Fragen in diesem Zusammenhang beschäftigen sich zum Beispiel mit der Feststellung, ob es sich lohnt, Produkte mit einem niedrigeren Stückdeckungsbeitrag durch Produkte mit einem hohen Deckungsbeitrag zu ersetzen oder bestimmte Produkte ganz aus dem Sortiment zu streichen. Auch beantwortet die Teilkostenrechnung Fragen, wie sich die Fixkosten entwickeln, wenn man Produkte aus dem Sortiment streicht oder ob es sich lohnt, bestimmte Produktionsprozesse zu verändern.

Formen der Teilkostenrechnung

Im Rahmen der Verfolgung der aufgezeigten Ziele lassen sich verschiedene Verfahren der Teilkostenrechnung unterscheiden:

  • Die einstufige Deckungsbeitragsrechnung
  • Die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung
  • Die relative Deckungsbeitragsrechnung
  • Die Grenzplankostenrechnung

Die einstufige Deckungsbeitragsrechnung als einfachste Form der Teilkostenrechnung

Die Grundidee dieser Form der Teilkostenrechnung wurde bereits im Jahre 1936 von Harris in seinem Aufsatz "What Did We Earn Last Month?" unter der Bezeichnung Direct Costing vorgestellt.

Die einstufige Deckungsbeitragsrechnung ist die einfachste Form der Teilkostenrechnung, da sie den Betriebserfolg nur über eine einzige Fixkostenstufe ermittelt. Der Deckungsbeitrag ergibt sich hierbei wie folgt:

Verkaufserlös

– Variable Kosten

= Deckungsbeitrag

Reduziert man bei diesem Verfahren der Teilkostenrechnung die gesamten Deckungsbeiträge aller abgesetzten Produkte um den Fixkostenblock, erhält man das Betriebsergebnis:

Deckungsbeiträge aller abgesetzten Produkte

– Fixkostenblock

= Betriebsergebnis

Die einstufige Deckungsbeitragsrechnung geht von einem linearen Gesamtkostenverlauf aus, d.h. alle variablen Kosten werden als proportionale Kosten interpretiert. Daher entsprechen die variablen Stückkosten sowohl den Grenzkosten als auch den variablen Durchschnittskosten pro Stück. Daher spricht man bei diesem Verfahren der Teilkostenrechnung auch von Grenz- bzw. Durchschnittskostenrechnung.

Die mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung als Teilkostenrechnung

Bei dieser Form der Teilkostenrechnung wird versucht, den Fixkostenblock aus der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung zur besseren Steuerung weiter aufzuspalten. Das Ziel besteht dabei vor allem darin, die Fixkosten besser zuordnen zu können und damit die Wirkungen von Entscheidungen, etwa im Hinblick auf eine Sortimentsbereinigung, besser prognostizieren und kontrollieren zu können. Voraussetzung bei diesem System der Teilkostenrechnung ist, dass sich der Fixkostenblock auch entsprechend aufteilen lässt.

Für die betriebliche Praxis hat sich bei dieser Form der Teilkostenrechnung eine Aufspaltung des Fixkostenblocks in folgende Bereiche bewährt:

  • Fixkosten einzelner Produkte
  • Fixkosten einzelner Produktgruppen
  • Fixkosten einzelner Kostenstellen
  • Fixkosten einzelner Betriebsbereiche
  • Fixkosten einzelner Betriebe
  • Fixkosten der Gesamtunternehmung

Die relative Deckungsbeitragsrechnung

Mit dieser Teilkostenrechnung werden die Deckungsbeiträge in Relation zu einem Engpass in einem Betrieb gesetzt. Ausgehend von der Erkenntnis, dass z. B. auf einer Engpass-Maschine Produkte mit verschiedenen Deckungsbeiträgen produziert werden können, sollten auf dieser Maschine vor allem die Produkte mit dem höchsten Deckungsbeitrag je Zeiteinheit produziert werden.

Damit erlaubt diese Form der Teilkostenrechnung die Ermittlung eines deckungsbeitragsoptimalen Produktionsprogramms.

Anwendung der Teilkostenrechnung

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Teilkostenrechnung in den hier aufgeführten Formen der einstufigen, mehrstufigen und relativen Deckungsbeitragsrechnung Vorteile gegenüber der Vollkostenrechnung hat.

Die hier vorgestellten Systeme der Teilkostenrechnung können vergangenheitsbezogen als Ist-Kostenrechnung, durchschnittsbezogen als Normal-Kostenrechnung oder zukunftsbezogen als Plan-Kostenrechnung durchgeführt wird.