Latente Steuern in der IFRS-Rechnungslegung: Konzepte (Teil 2)

Die IFRS-Vorschriften zur Abgrenzung latenter Steuern folgen einem Konzept, welches insbesondere den Umfang der zu erfassenden Differenzen festlegt. Grundsätzlich unterscheidet man hierbei zwischen dem Timing-Konzept und dem Temporary-Konzept.

Zur Abgrenzung latenter Steuern nach IFRS folgt IAS 12 dem bilanzorientierten Temporary-Konzept. Hierbei wird der Buchwert in der Steuerbilanz mit dem Buchwert in der IFRS-Bilanz verglichen. Mit dem Temporary-Konzept für latente Steuern werden somit grundsätzlich alle Bilanzierungs- und Bewertungsdifferenzen zwischen IFRS- und Steuerbilanz erfasst, selbst dann, wenn sie erfolgsneutral sind. Erfolgsneutrale Differenzen entstehen bei Eigenkapitalbuchungen, die erst bei ihrer Auflösung in späteren Geschäftsjahren zu Ergebnisdifferenzen zwischen IFRS- und Steuerbilanz führen.

Beispiel zur Bildung latenter Steuern: Die RNV-GmbH hat zum 31.12.2011 ihre unbebauten Grundstücke (Buchwert 10 Millionen Euro) von einem Sachverständigen neu auf 20 Millionen Euro schätzen lassen und übernimmt diese Neubewertung gemäß IAS 16 in die Bilanz. Die Neubewertung des Grundstücks wird erfolgsneutral in der Neubewertungsrücklage erfasst. Die Differenz zwischen IFRS- und Steuerbilanz führt nach dem Temporary-Konzept zu latenten Steuern, die erfolgsneutral im bilanziellen Eigenkapital vorzunehmen ist.

Zeitliche Differenzen bei der Bildung latenter Steuern nach IFRS
Bei der Bildung latenter Steuern nach IFRS können Sie zwischen zeitlich begrenzten Differenzen, permanenten Differenzen und quasi-permanente Differenzen unterscheiden.

Im ersten Fall werden Geschäftsvorfälle handelsrechtlich in einem anderen Geschäftsjahr erfasst als steuerrechtlich. Häufig entstehen solche Differenzen durch abweichende Nutzungsdauern oder unterschiedliche Abschreibungssätze. Allerdings heben sich diese Differenzen im Zeitablauf wieder auf. In der Regel können Sie den Zeitpunkt des Ausgleichs sogar relativ genau bestimmen.

Anders sieht es bei permanenten Differenzen aus. Hier gleichen sich die Differenzen in den Folgeperioden nicht automatisch aus. Aufwendungen oder Erträge werden entweder nur im IFRS-Abschluss oder nur im steuerlichen Abschluss erfasst. Ein typisches Beispiel sind bestimmte Aufwendungen, die steuerlich nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.

Quasi-permanente Differenzen gleichen sich zumindest irgendwann wieder aus. Allerdings ist der Auflösungszeitpunkt nicht absehbar. Solche Differenzen finden ihre Ursache zum Beispiel in Bewertungsdifferenzen von Grundstücken, die sich erst im Fall einer Veräußerung wieder auflösen.

Methoden latenter Steuerabgrenzung nach IFRS
In der betrieblichen Praxis sind vor allem zwei Methoden der Abgrenzung latenter Steuern nach IFRS von Bedeutung:

  • Die Deferred-Methode betrachtet latente Steuern unter dem Gesichtspunkt der periodengerechten Zuordnung der ertragsabhängigen Steueraufwendungen. Der tatsächliche Steueraufwand wird hierbei um latente Steueraufwendungen korrigiert. Zur Berechnung der latenten Steuer ist der Steuersatz der Abrechnungsperiode maßgebend. Steuersatzänderungen werden somit erst im Jahr der Änderung ergebniswirksam.
  • Die Liability-Methode ermittelt die Differenzen aus einem Vergleich der Vermögenswerte bzw. Schulden in beiden Rechenwerken. Die sich hierdurch ergebenden latenten Steuern werden nach IFRS als Verbindlichkeiten bzw. Forderungen gegenüber dem Finanzamt betrachtet. Die sich konkret ergebenden latenten Steuern hängen dabei vom zukünftigen Steuersatz ab.

Beachten Sie: Nach IAS 12 werden latente Steuern nach dem Temporary-Konzept mittels der Liability-Methode bilanziert.