BilMoG: Der beizulegende Zeitwert als neuer Bewertungsmaßstab

Der beizulegende Zeitwert ist durch das BilMoG zu einem neuen Bewertungsmaßstab geworden. Da das Steuerrecht diesen Wert nicht kennt, können sich durch unterschiedliche Wertansätze latente Steuern ergeben.

Der Deutsche Bundestag hat am 26. März das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) beschlossen. Hierdurch sind die handelsrechtlichen Vorschriften zur Rechnungslegung im Jahres- und Konzernabschluss umfassend reformiert worden. Viele Sachverhalte sind bei Anwendung des BilMoG anders zu beurteilen, als vor der Reform. Hierzu gehört auch der beizulegende Zeitwert als neue Bewertungsvorschrift.

Beizulegender Zeitwert: Zwingende Bewertung
Der beizulegende Zeitwert ist als neue Bewertungsvorschrift erstmals für nach dem 31. Dezember 2009 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden. Allerdings kann das BilMoG bei Einhaltung entsprechender Übergangsvorschriften auch früher angewendet werden.

Als handelsrechtlicher Bewertungsmaßstab löst der beizulegende Zeitwert keine steuerlichen Folgen aus. Für das Erstellen der Steuerbilanz sind – wie bisher auch – die Anschaffungs- und Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 Einkommensteuergesetz (EStG)) anzusetzen.

Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften müssen zukünftig bei einer verpflichteten Bewertung nach dem beizulegenden Zeitwert prüfen, ob Bewertungsunterschiede zur Steuerbilanz latente Steuern auslösen.

Beizulegender Zeitwert: Definition
Beim beizulegenden Zeitwert handelt es sich um einen Betrag, zu dem ein Vermögenswert zwischen geschäftsbereiten und sachverständigen Geschäftspartnern ausgetauscht oder eine Schuld beglichen werden kann. Der beizulegende Zeitwert entspricht dem Marktpreis (§ 255 Abs. 4 Satz 1 HGB), für dessen Ermittlung § 255 Abs. 4 HGB eine Ermittlungshierarchie vorsieht. Danach lässt sich der Marktpreis bzw. beizulegende Zeitwert auf einem aktiven Markt ermitteln, wenn folgende Bedingungen erfüllt werden:

  • Der Marktpreis muss an einer Börse
  • von einem Händler oder einem Broker, einem Preisberechnungsservice, einer Branchengruppe oder einer Aufsichtsbehörde
  • leicht und regelmäßig erhältlich sein sowie
  • auf aktuellen und regelmäßig auftretenden Markttransaktionen zwischen unabhängigen Dritten beruhen.

Beizulegender Zeitwert: Alternative Ermittlung
Lässt sich kein Marktpreis zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwertes ermitteln, ist auf andere Bewertungsmethoden im Sinne des § 255 Abs. 4 Satz 2 HGB auszuweichen um den beizulegenden Zeitwert möglichst angemessen an den Marktpreis anzunähern. Infrage kommt zum Beispiel ein Vergleich mit jüngeren Geschäftsvorfällen oder die Verwendung von anerkannten wirtschaftlichen Bewertungsmethoden.

Erst dann, wenn sich der beizulegende Zeitwert weder durch einen aktiven Markt noch durch eine andere Bewertungsmethode zuverlässig ermitteln lässt, kommen nach § 255 Abs. 4 Satz 3 HGB für die Zugangs- als auch für die Folgebewertung die Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Betracht.

Wurde für einen Vermögensgegenstand bereits einmal ein beizulegender Zeitwert bestimmt und wurde eine Bewertung bzw. Folgebewertung mit dem beizulegenden Zeitwert vorgenommen, so gilt dieser Wert als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.

Wann ist nach dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten?
Als neuer Bewertungsmaßstab ist der beizulegende Zeitwert sowohl bei der Zugangsbewertung als auch bei der Folgebewertung zu beachten. Insbesondere folgende Vermögensgegenstände sind im Zugangszeitpunkt mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten, sofern dieser verlässlich ermittelt werden kann:

  • Mit dem beizulegenden Zeitwert sind nach §§ 246 Abs. 2 Satz 3, 253 Abs. 1 Satz 4 HGB Vermögensgegenstände zu bewerten, die Teil eines Planvermögens sind.
  • Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen, sofern sich die Höhe nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren i. S. des § 266 Abs. 2 A. III. 5 HGB richtet und dieser über einem garantierten Mindestbetrag liegt.
  • Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und – mit Ausnahme von Rückstellungen und latenten Steuern – Sonderposten, die bei der Erlangung der Beherrschung über ein Tochterunternehmen zugehen (§ 301 Abs. 1 Sätze 2, 3 HGB).
  • Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und – mit Ausnahme von Rückstellungen und latenten Steuern – Sonderposten von erstmals in den Konzernabschluss einzubeziehenden assoziierten Unternehmen, begrenzt auf die Anschaffungskosten der Beteiligung (§ 312 Abs. 2 HGB).

Eine Folgebewertung mit dem beizulegenden Zeitwert kommt insbesondere in den ersten beiden Fällen zur Anwendung.

Beizulegender Zeitwert bei immateriellem Vermögen
Bei selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens kommt eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert – und damit auch eine Aktivierung – nicht in Betracht, wenn die Forschung von der Entwicklung nicht verlässlich unterschieden werden kann.