Abwertungen beim Vorratsvermögen

Alle Jahre wieder müssen sich die Bilanzierenden darüber Gedanken machen, ob bestimmte Teile des Vorratsvermögens - insbesondere Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Handelswaren - z. B. durch Gängigkeitsabschläge abzuwerten sind.

Der beizulegende Wert des Vorratsvermögens ist grundsätzlich im Wege einer Einzelbetrachtung bzw. Einzelbewertung festzulegen. Allerdings ist eine solche Einzelbewertung bei einem hohen Vorratsvermögen und damit umfangreichen Lagerbeständen kaum möglich und wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden.

Daher ist es aus Vereinfachungsgründen möglich, das Vorratsvermögen durch Bildung bestimmter Gängigkeitsabschläge abzuwerten. Diese Gängigkeitsabschläge werden grundsätzlich auch steuerlich anerkannt.

Abwertung des Vorratsvermögens aufgrund langer Lagerdauer
Ein bekanntes Verfahren zur Abwertung des Vorratsvermögens durch Gängigkeitsabschläge ist das sogenannte Reichweitenverfahren. Hierbei wird der Lagerbestand zu bestimmten Lagerabgängen in Beziehung gesetzt. Letztere können dabei sowohl aus Vergangenheitsdaten als auch Planungen für die Zukunft abgeleitet werden.

Beispiel
Ein Händler von Kaffeemaschinen hat am 31.12.2008 noch 10.000 Kaffeemaschinen einer bestimmten Marke auf Lager. Aufgrund bisheriger Erfahrungswerte schätzt er einen jährlichen Absatz von 1.600 Kaffeemaschinen.

Die Lagerumschlagshäufigkeit beträgt danach 0,16 (1.600/10.000). Die Lagerreichweite beträgt 6,25 Jahre (1/0,16). Damit wäre der Lagerbestand erst in 6,25 Jahren vollständig verkauft.

Hinweis
Eine lange Lagerdauer für sich alleine rechtfertigt aus steuerlicher Sicht noch keine Abwertung, solange die Ware zu den ursprünglichen oder gar zu erhöhten Preisen angeboten und verkauft werden kann. Für eine Abwertung beim Vorratsvermögen durch Gängigkeitsabschläge sind vielmehr handfeste Indizien erforderlich, aus denen klar hervorgeht, warum die Reichweite des Lagerbestandes so hoch ist, wie zum Beispiel Modewandel oder technische Risiken.

Bildung von Gängigkeitsklassen zur Abwertung von Vorratsvermögen
Sind mehrere Artikel im Vorratsvermögen vorhanden, bei denen ein Gängigkeitsabschlag vorgenommen werden sollte, dann können sogenannte Gängigkeitsklassen für das Vorratsvermögen definiert werden. Für jede dieser Gängigkeitsklassen ist ein bestimmter Abschlag zu bestimmen.

Beispiel für die Bildung von Gängigkeitsklassen

Gängigkeits-
klasse
Abwertung Hinweise zur Bestimmung der Gängigkeitsklasse
1 0% Artikel mit einer Lagerdauer von bis zu einem Jahr
2 25% Artikel mit einer Lagerdauer von mehr als einem bis zu zwei Jahren
3 50% Artikel mit einer Lagerdauer von über zwei Jahren bis zu fünf Jahren
4 70% Artikel mit einer Lagerdauer von über fünf Jahren bis zu zehn Jahren
5 90% Artikel mit einer Lagerdauer von über zehn Jahren

Durch eine solche Bildung von Gängigkeitsklassen schafft man Transparenz und zeigt nach außen – insbesondere in Richtung des Betriebsprüfers – dass man sich Gedanken über die Abwertung des Vorratsvermögens gemacht hat.

Bestimmung des Prozentwertes zur Abwertung des Vorratsvermögens
Eine Abwertung beim Vorratsvermögen unterliegt – unabhängig davon, nach welchem Verfahren man hier vorgeht – immer auch einer subjektiven Einschätzung. Wichtig ist daher, dass man die Gründe für die Anwendung bestimmter Verfahren oder Prozentsätze so dokumentiert, dass Sie leicht nachvollziehbar sind.