Anreden und Titel im Italienischen richtig anwenden

Planen Sie eine Geschäftsreise nach Italien? Dann sollten Sie wissen, ob Ihr Geschäftspartner einen Doktortitel oder Ähnliches trägt. Aber wie gebrauchen Sie die Anreden mit den passenden Titeln richtig im Italienischen? Denn hier gibt es verschiedene Einstufungen, wann Sie welche Anrede für welchen Titel und in welcher Situation verwenden.

Solange man immer noch nicht weiß, was der Ansprechpartner ist oder macht, bleiben Sie lieber bei einem neutralen Signor (Herr) (schriftliche Abkürzung: Sig.) oder Signora (Frau) (schriftliche Abkürzung: Sig.ra) oder Signorina (Fräulein) (schriftliche Abkürzung: Sig.na).

In Italien – wahrscheinlich aus kulturellen Gründen – hat sich die englische politisch korrekte Lösung „Ms.“ nicht durchgesetzt. Trotz der sexuellen Revolution legen immer noch viele Italiener(innen) großen Wert auf den Unterschied zwischen dem verheirateten und dem unverheirateten Menschen weiblichen Geschlechts. Eigentlich, wenn man nach dem Alter nicht sicher genug urteilen kann, ob die Gesprächspartnerin Sig.ra oder Sig.na ist, pflegt man zu fragen: Signora o Signorina? (Frau oder Fräulein).

Wenn Sie aber einer Visitenkarte Ihres Ansprechpartners entnehmen, dass er einen Titel hat, dann reden Sie ihn lieber damit an (es sei denn, er sagt zu Ihnen spontan, Sie mögen sich dessen enthalten).

Italien fehlt es an Titeln bestimmt nicht!

Indro Montanelli, ein berühmter italienischer Journalist, pflegte zu sagen: „Dottore ist das Wort, das – dem Namen eines Menschen vorangestellt – besagt, dass dieser Mensch Italiener ist“. Das ist ein nicht allzu sehr von der Wahrheit entfernter Witz: Wir Italiener – vor allem die aus Mittel- und Süditalien – verwenden ganz häufig die Anrede dottore (in Rom und Neapel heißt es dialektal dottò), auch um Leute anzusprechen, die gar nicht studiert haben.

Es kann eine Frage der Ehrerbietung sein, oder dahinter kann das Ziel stecken, etwas zu erlangen, indem man die Eitelkeit des Angesprochenen kitzelt: das ist der Fall z.B. illegaler Parkwächter, die dadurch auf ein (möglichst großzügiges) Trinkgeld hoffen!

Aber nun einmal Spaß beiseite: dottore ist die Anrede, deren sich jeder Italiener rühmen kann, der einen mindestens 5jährigen Doktor gemacht hat, welchen auch immer.

Beispiele für italienische Anredeformen:

  • il nostro direttore commerciale, il dott. XXX – unser Vertriebsleiter, Herr Doktor XXX (vom Zusammenhang kann man ausgehen, dass der infragekommende dottore ein Diplomkaufmann oder ein Wirtschaftler ist)
  • il procuratore è il dott. XXX – der Staatsanwalt ist Herr Doktor XXX (hier kommt ein Doktor der Jura in Frage)

Interessant ist es, das Schicksal des Wortes professore (Professor) zu erwähnen: auf dem medizinischen Gebiet kann sich professore jemand nennen, der nicht nur den medizinischen Beruf ausübt, sondern auch an der Uni unterrichtet. Aber außerhalb dieses Gebiets, kann sich professore irgendjemand nennen, der an einer Lehranstalt ab der Sekundarstufe I tätig ist.

Und wer weder dottore noch professore ist?

Es gibt Leute, die wichtige Ämter und Stellen bekleiden, aber nicht studiert haben. Wie kann man also ihnen die angemessene Bedeutung trotzdem beimessen und dafür sorgen, dass sie nicht gegen “titulierte” Kollegen abfallen? Man hat dagegen Abhilfe geschaffen, indem man Titel erfunden hat, die diese Lücke ausfüllen sollen. Haben Sie nie von commendatore (Komtur) (schriftliche Abkürzung: Comm.), cavaliere (Ritter) (schriftliche Abkürzung: Cav.), und grand’ufficiale (Großoffizier) (schriftliche Abkürzung: Grand’uff.) gehört? Beim Umgang mit solchen Ansprechpartnern gilt das, was wir über die Besitzer anderer Titel sagten.

Italienische Anrede bei Geistlichen?

Hier richten sich Titel nach der Hierarchie. Ein „normaler“ Priester (Pfaffe/Pfarrer) redet man als padre (Vater) oder reverendo (ethymologisch: zu verehrend, abgekürzt Rev.; auf Deutsch Hochwürden) an. Ein vescovo (Bischof), ein arcivescovo (Erzbischof) und ein cardinale (Kardinal) nennt man eminenza (Eminenz). Und wir glauben, wir können hier Halt machen, weil es etwas unwahrscheinlich ist, dass Sie sich bis zum Papst (Sua santità – Seine Heiligkeit) durcharbeiten können!

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