Wie unterschiedliche Kulturen Raum bewerten

Raum kann ein persönlicher Bereich an einem gemeinsamen Schreibtisch mit anderen Mitarbeitern sein, wie groß ein Büro ist, ob das Büro in der ersten oder höchsten Etage eines Gebäudes ist, der Abstand zwischen mehreren Gesprächspartnern, oder die Sitzordnung, selbst an einem runden Besprechungstisch. In unterschiedlichen Kulturen wird der Raum anders gewertet.

Speziell wird die Raumsituation in der nonverbalen Kommunikation als Proxemik bezeichnet. Proxemik beschreibt z. B. den physikalischen Abstand in der Kommunikation zwischen Gesprächspartnern als Beziehung oder die Anordnung von Gegenständen. Der Raum wird in verschiedenen Kulturen unterschiedlich interpretiert, bewertet und genutzt.

In Hierarchie und Raum "oben"
Kulturen in der westlichen Welt verdeutlichen die Hierarchien von Mitarbeitern in der Aufteilung in Einzel- und Großraumbüros. Büroräume werden in Deutschland oft in steigender Hierarchie in höhere Stockwerke eines Gebäudes gebaut.

In Deutschland steht die Zahl dreizehn für Unglück – in China die Zahl vier. Daher sind chinesische Geschäftspartner bestrebt, keine Vier im Datum von Verträgen zu schreiben, keine Vier in der Anzahl von Geschäftsgästen einzuplanen oder die vierte Etage eines Bürogebäudes zu beschriften. Natürlich gibt es praktisch die vierte Etage, aber es wird kein Schild im Aufzug oder in der Beschilderung des Gebäudes geben. Hier gibt es nach der dritten also gleich die fünfte Etage.

Andere Länder, andere Sitten
Die Zahl acht ist dagegen in ganz China eine Glückszahl. Daher sind Telefonnummern oder Autokennzeichen für Unternehmen mit vielen Achten sehr beliebt. Die achte Etage in Bürogebäuden ist daher auch sehr begehrt und soll Glück bringen. Mitarbeiter in der höheren Unternehmenshierarchie sind sicher in dieser Etage zu finden.

Edward T. Hall ist ein Kulturforscher, der den interkulturellen Raum untersucht hat. Seine Untersuchungsinhalte waren die Beschreibung vom persönlichen Raum, Abstand und Orientierung des Körpers zum Gesprächspartner, Sitzordnung in Gruppen und die Herrschaftsräume oder Geltungsbereiche.

Der Kulturforscher Hofstede hat nicht direkt den kulturellen Raum untersucht. Indirekt hat er aber durch die Individualität, auch Individualismus Index genannt, eine Aussage darüber getroffen. Hofstede beschreibt dabei wie weit Personen in einer Gesellschaft auf sich sich selbst bezogen sind, also individuell orientiert sind.

Die Deutschen sind Individualisten
Im Gegensatz dazu können sich Personen in einer Gruppe entfalten, also Kollektiv Orientierung. Hofstede hat in seinen Untersuchungen für den chinesischen Individualitätsindex 10 von 100 Punkte als Ergebnis bekommen. China ist somit kollektiv orientiert. Der deutsche Individualitätsindex liegt bei 75 von 100 Punkten. Deutschland ist somit individuell orientiert. China und Deutschland sind in ihrem Raumverhalten relativ weit auseinander.

Zwischen der Beschreibung von Edward. T. Hall und Hofstede gibt es den Zusammenhang, wie weit Menschen in einer Gesellschaft sich untereinander distanzieren und individuell orientiert sind oder aufeinander zu gehen und die Zusammenarbeit suchen.

Grundsätzlich sind Personen, die sich als individuell beschreiben, eher distanziert. Dabei sind die Bindungen in einer Gesellschaft mehr ungezwungen. Dagegen sind Personen, die sich als gesellschaftlich bezeichnen, eher dem Gruppenverhalten zugeordnet. Die Bindungen sind von Geburt an sehr stark und öffentlich orientiert.

Kulturen stoßen aufeinander…
Schwierig wird es, wenn verschiedene Kulturen Themengebiete individueller- und kollektiver Orientierung zuordnen. Eine Person aus individueller Orientierung wird es als aufdringlich empfinden, wenn Personen aus kollektiven Kulturen Themen ansprechen, die für sie nicht mehr in den öffentlichen Raum gehören. Dagegen werden Personen aus kollektiven Kulturen die Person aus individueller Orientierung, eher als verschlossen und unhöflich empfinden.

Beachten Sie ebenso, wie Mitarbeiter aus verschiedenen Kulturen ihren Arbeitsplatz gestalten. Zum Beispiel schmücken indische Mitarbeiter gerne ihren Arbeitsplatz mit Familienbildern oder religiösen Symbolen.

Nicht immer sind Hierarchien aus offensichtlichen Anordnungen erkennbar und in kollektiv- oder individuell orientierten Ländern unterschiedlich. Gesprächspartner in China sind nicht immer die offensichtlichen Entscheider, wie das in Amerika bekannt ist. Informieren Sie sich vor Besprechungen so gut wie möglich, über die Unternehmensstrukturen. Chinesen sind darin vorbildlich.