Grenzüberschreitendes Bewerbungsmanagement – gewusst wie!

Grenzgänger willkommen! Was muss man wissen, wenn man sich in einem Nachbarland bewirbt oder eine Bewerbung aus einem Nachbarland eingeht? Wir sensibilisieren Sie in unserem Beitrag für das Thema "grenzüberschreitend".

Auch wenn uns nur der Rhein, ein Gebirge oder eine Sprache trennen, ticken links und rechts der Grenze manche Uhren anders. Und wenn beispielsweise Franzosen "bei uns" oder Deutsche "bei denen da drüben" beruflich Fuß fassen wollen, kann von der kuriosen Anekdote bis zum üblen Missverständnis fast alles passieren.

Um auf alles gefasst zu sein und im besten Fall alles richtig zu machen, sollte man sich vorab für "das andere im anderen" interessieren, einige deutsch-französische Kulturvokabeln kennen und deuten können und eine weltoffene Einstellung zu Abweichungen entwickeln. Das nennt man dann: interkulturelle Kompetenz.

Folgende Fragen können diesen interkulturellen Lernprozess in Gang bringen

Welcher Anteil meines Gegenübers (z. B. des Bewerbers oder des Arbeitgebers) ist kulturbestimmt (also "typisch französisch" – "typisch deutsch") und welcher Anteil ist reine Einzelpersönlichkeit? Welche Kulturkonzepte sind (mehr oder weniger) universell? Wie kann man das herausfinden?

Wie deutet man z. B. eine  inhaltlich top gestaltete und ordentliche Bewerbung, die in der Mitte gefaltet ist – wenn sie aus Frankreich kommt? "Inhaltlich top gestaltet" wäre hier die universelle Vokabel. Sie zu verstehen heißt zu sehen. "Hier hat sich jemand Mühe gemacht, ist gewissenhaft… In der Mitte gefaltet" ist offenbar eine mögliche, aber nicht zwingende französische Kulturvokabel. Von einem deutschen Bewerber wäre es äußerst unangebracht, von einem französischen offenbar nicht.

Mit den Unterschieden umgehen

Kulturelle Unterschiede erkennen und anerkennen ist das eine, das Wesentliche dabei ist allerdings der Umgang mit den Unterschieden. Und noch etwas zum Nachdenken: Ist das Wissen um die Kultur des "anderen" Hol- oder Bringschuld?

Muss der Bewerber aus dem Ausland im anderen Land alles richtig machen oder muss der Arbeitgeber im eigenen Land  das andersartige Verhalten des ausländischen Bewerbers verstehen und nachsehen?  Eng damit verbunden ist auch die Frage, ob es wirklich eine Rolle spielt, wer denn nun Recht hat.

Der Weg zur Beantwortung dieser Fragen führt über eine intensive Wahrnehmungsschulung, ohne die man sich dem anderen nicht nähern kann und endet bei einer neuen inneren Haltung.

Der gesamte Bewerbungsprozess ist von der Anzeige über die Bewerbung bis zum Vorstellungsgespräch eine Kommunikation mit verdeckten Karten: Man kennt sein Gegenüber nicht gut genug, um ihn mit dem eigenen Bewerbungsverhalten richtig zu bedienen.

Bei grenzüberschreitenden Bewerbungen scheint dies natürlich doppelt schwer. Hat man sich jedoch erst einmal die in der Tiefe liegenden kulturellen Universalien bewusst gemacht, erscheinen die tatsächlich existierenden Unterschiede zwischen deutschen und französischen Bewerbern, Arbeitgebern und Arbeitsmärkten überwindbar und vielleicht auch bereichernd.