Interview: Missbrauch von Kurzarbeit

Presseberichten zufolge kommt es mit der steigenden Zahl von Unternehmen, die Kurzarbeit einsetzen, auch zu Situationen, die man als Missbrauch von Kurzarbeit bezeichnen muss. Darüber, wie ein Unternehmer vermeiden kann, sich des Vorwurfs des Missbrauchs von Kurzarbeit auszusetzen und wie es überhaupt dazu kommen kann, sprachen wir mit dem Arbeitsrecht-Experten Heiko Klages:

Was versteht man unter Kurzarbeit?

Wenn in einem Betrieb oder einer Betriebsabteilung die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit infolge wirtschaftlicher Ursachen oder eines unabwendbaren Ereignisses vorübergehend verkürzt wird, spricht man von Kurzarbeit. Mitarbeiter erhalten dann für Zeit in der sie arbeiten ganz normal Lohn.

Für die Zeit, in der sie wegen der Kurzarbeit nicht arbeiten können, erhalten sie unter den gesetzlichen Voraussetzungen Kurzarbeitergeld. Das sind je nach familiärer Situation 60 bzw. 67% des ausfallenden Lohns.

Kurzarbeit hat den Vorteil, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht kündigen muss. Nach Beendigung der Krise steht dem Unternehmen schnell wieder eingearbeitetes und bewährtes Personal zur Verfügung, der Mitarbeiter behält seinen Arbeitsplatz.

Was sagen Sie zum Missbrauch von Kurzarbeit in Unternehmen, denen es wirtschaftlich eigentlich gut geht?

Ich selber habe noch keine Fälle gehabt, in denen es um Missbrauch von Kurzarbeit ging. Allerdings soll es Fälle geben, in denen es zu einem Missbrauch des Instruments Kurzarbeit kommt, in dem z. B. Kurzarbeit eingeführt wird, obwohl die Situation in dem Unternehmen dies nicht rechtfertigt.

Das Problem ist wohl, dass die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit nicht jeden Einzelfall intensiv prüfen können. Aufgrund der Vielzahl von Fällen besteht die Gefahr, dass auch einmal ein Antrag „durchrutschen“ kann, der zwar formal korrekt ist, aber inhaltlich nicht die Voraussetzungen der Kurzarbeit erfüllt.

Persönlich bin ich der Meinung, dass der Missbrauch des sinnvollem Instruments Kurzarbeit nicht toleriert werden kann. Wenn tatsächlich festgestellt wird, dass es im Einzelfall zu einem Missbrauch von Kurzarbeit gekommen ist, sollte meiner Meinung nach konsequent ein Bußgeld verhängt werden.

Was muss ein Unternehmer beachten, wenn er Kurzarbeit in seinem Unternehmen einführen will?

Zunächst muss ihm klar sein, dass er Kurzarbeit nicht völlig alleine anordnen kann. Erforderlich ist dazu eine Rechtsgrundlage, wie z. B. eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat oder individuelle Vereinbarungen mit den von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmern. Über die Voraussetzungen, die zur Einführung der Kurzarbeit erforderlich sind, erfährt er z. B. mehr auf der Internetseiten der Agentur für Arbeit. Dort sind auch die erforderlichen Formulare zu finden. Oder er lässt sich direkt vor Ort beraten.

Auf jeden Fall ist es sinnvoll, die gesetzlichen Vorgaben genau einzuhalten und so gar nicht erst in den Verdacht zu kommen, dass es sich in dem konkreten Einzelfall um Missbrauch von Kurzarbeit handelt. Denn neben der Rückzahlung des Kurzarbeitergeldes und der Verhängung von Bußgeldern bringt Missbrauch von Kurzarbeit auch erhebliche Imageschäden für das betroffene Unternehmen mit sich.

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