Was geschieht mit den Gratifikationen bei Kündigung?

In der betrieblichen Praxis gibt es immer wieder Auseinandersetzungen darüber, ob und welche Gratifikationszahlungen Mitarbeiter erhalten, deren Arbeitsverhältnis gekündigt ist. Am einfachsten ist diese Frage zu beantworten, wenn es eine Gratifikationszusage gibt, die diesen Punkt eindeutig regelt. Denkbar und zulässig ist eine Vereinbarung, wonach Mitarbeiter im Jahr des Ausscheidens die Gratifikation anteilig oder auch gar nicht erhalten.
Was geschieht mit dem Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und anderen Gratifikationen wenn der Mitarbeiter gekündigt hat. Sie können mit der Gratifikationszusage vereinbaren, was in diesem Fall geschehen soll. Formulieren Sie beispielsweise so:

“Ist das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters am Stichtag 30.11. gekündigt oder besteht ein mit ihm abgeschlossener Aufhebungsvertrag, entfällt die Gratifikationszahlung.”

Gibt es keine derartigen Regelungen, müssen Sie unterscheiden:
  • Dient die Gratifikation allein der Entlohnung bereits erbrachter Dienste, hat Ihr Mitarbeiter im Austrittsjahr anteiligen Anspruch auf die Gratifikation entsprechend der zurückgelegten Zeit im Jahr.
  • Dient die Gratifikation allein als Belohnung für erwiesene sowie als Anreiz für zukünftige Betriebstreue, entfällt der Anspruch für gekündigte Mitarbeiter.
  • Handelt es sich um eine Gratifikation mit Mischcharakter (die also auf erbrachte Dienste und Betriebstreue abzielt), behält Ihr ausscheidender oder ausgeschiedener Mitarbeiter den anteiligen Anspruch auf die Vergütung für bereits geleistete Dienste.
  • Bezeichnen Sie Ihre Gratifikation als Weihnachtsgeld, kann das so verstanden werden, dass ein Anspruch auf dieses Geld nur dann bestehen soll, wenn das Arbeitsverhältnis zu Weihnachten noch besteht.
  • Zahlen Sie ein Urlaubsgeld, dessen Fälligkeit nicht an einen festen Termin, sondern an genommene Urlaubstage gekoppelt ist, behält Ihr Mitarbeiter in gekündigter Stellung den Anspruch auf Urlaubsgeld für die Urlaubstage, die er noch nimmt. In einem solchen Fall können Sie nicht argumentieren, das Urlaubsgeld sei Belohnung für Betriebstreue.
Eine bereits ausgezahlte Gratifikation können Sie nur dann zurückfordern, wenn das bereits in der Gratifikationszusage so vereinbart ist. Dabei muss die Rückzahlungsklausel bei einem im November oder Dezember ausgezahlten Weihnachtsgeld die folgenden vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze beachten:
  • Kleingratifikationen (1978: 200 DM) dürfen Sie nicht zurückfordern.
  • Beträgt das Weihnachtsgeld weniger als ein volles Monatsgehalt, dürfen Sie es zurückfordern, wenn der Mitarbeiter vor dem 31.03. des Folgejahres (nicht am 31.03.) ausscheidet.
  • Beträgt das Weihnachtsgeld ein Monatsgehalt oder mehr, ist die Rückzahlungsverpflichtung auch über den 31.03. des Folgejahres hinaus zulässig, in aller Regel aber nur bis zum 30.06. 
Die vom Bundesarbeitsgericht für das Weihnachtsgeld entwickelten Grundsätze gelten entsprechend auch für andere Gratifikationen, insbesondere für freiwillig gezahltes Urlaubsgeld. Dabei ist immer der Auszahlungstermin für die Bindungsfrist entscheidend. Zahlen Sie also Urlaubsgeld im Juni oder frühzeitig im Mai, ist eine Bindung bis 30.09. bzw. 31.12. zulässig. Die Fristen von 3 bis 4 bzw. 6 bis 7 Monaten können Sie problemlos auf andere Gratifikationen zu anderen Zeitpunkten übertragen.
 
Sind in Tarifverträgen Rückzahlungsklauseln vereinbart, müssen Sie diese vor den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts beachten. Das gilt sogar dann, wenn der Tarifvertrag nur kraft Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

Oder
 
“Mitarbeiter, die vor Ende des Kalenderjahres ausscheiden, erhalten für jeden vollen Beschäftigungsmonat 1/12 der Gratifikation.”
 
Derartige Vereinbarungen sind zulässig. Sie gelten auch für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt gekündigt wurde. Es ist auch zulässig, dass Sie Mitarbeitern im Eintrittsjahr die volle Gratifikation zahlen, nicht aber Mitarbeitern im Austrittsjahr.