Und noch eine Bagatellkündigung: Drei Schrauben reichen nicht

Auch nach der BAG-Entscheidung zum Thema Bagatellkündigung aus dem Sommer 2010 ("Emmely") müssen sich die Arbeitsgerichte weiter mit dem Thema Bagatellkündigung beschäftigen. In diesem Zusammenhang hat das Arbeitsgericht Bonn am 21.10.2010 entschieden, dass der Diebstahl von drei Schrauben im Wert von 0,28 € die fristlose Kündigung eines Betriebsratsvorsitzenden nicht ermögliche (Az.: 1 BV 47/10).

Das Bundesarbeitsgericht hatte im Sommer 2010 bestätigt, dass zwar grundsätzlich auch der Diebstahl geringwertiger Sachen eine Kündigung ermögliche (Bagatellkündigung).

In der Entscheidung zum Fall Emmely hat das Bundesarbeitsgericht aber auch betont,  dass "eine über lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer "nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört wird". Die Notwendigkeit, den Einzelfall genau zu prüfen, wurde dadurch noch einmal verstärkt.

Bagatellkündigung: Einzelprüfung unbedingt erforderlich
An dieser Prüfung hat es ein Arbeitgeber offensichtlich fehlen lassen, der seinen Betriebsratsvorsitzenden mit einer Bagatellkündigung loswerden wollte. Der Betriebsratsvorsitzende war seit rund 30 Jahren in dem Unternehmen beschäftigt. Nachdem er einem ehemaligen Kollegen drei Schrauben des Arbeitgebers geschenkt hatte, wollte der Arbeitgeber eine Bagatellkündigung wegen dieses Diebstahls aussprechen.

Die Schrauben hatten einen Wert von 0,28 €. Der Betriebsratsvorsitzende war zur Materialausgabe gegangen, hatte vorgegeben, dass er die Schrauben benötige und sie sodann dem Ex Kollegen geschenkt. An sich ein klassischer Fall für eine Bagatellkündigung.

Bagatellkündigung bei Betriebsratsmitgliedern
Da die Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrates nur mit Zustimmung des Betriebsrates möglich ist, beantragte der Arbeitgeber die Zustimmung zur Bagatellkündigung beim Betriebsrat. Diese wurde verweigert. Daraufhin wendete sich der Arbeitgeber an das Arbeitsgericht und beantragte die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zu der Bagatellkündigung.

Ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht Bonn war zwar der Ansicht, dass eine Bagatellkündigung auch in solchen Fällen grundsätzlich möglich sein. Allerdings sei in diesem Fall die lange beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit positiv zu berücksichtigen. Hinzu kam, dass der Betriebsratsvorsitzende sein Verhalten bedauert hat. Das Arbeitsgericht Bonn folgte damit ausdrücklich die Linie des BAG.

Das bedeutet für Sie bei einer möglichen Bagatellkündigung
Wenn Sie eine Bagatellkündigung erwägen, sollten Sie besonderes Augenmerk auf die Frage der beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit legen. Je länger diese ist, desto sicherer kann der Arbeitnehmer sein. Aus dem gleichen Grund sollten Sie sich absichern, indem Sie auch bei Diebstahl geringwertiger Sachen mindestens eine Abmahnung aussprechen. So können Sie bei einer Wiederholung belegen, dass es eben keine langjährige beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit gegeben hat.