Missbrauch beim Outsourcing: Betriebsbedingte Kündigungen sind unwirksam

Bei betriebsbedingten Kündigungen müssen Sie als Arbeitgeber in Zukunft noch vorsichtiger sein. Das Outsourcing ganzer Arbeitsbereiche galt bislang als unternehmerische Entscheidung, die es dem Arbeitgeber möglich machte, den betroffenen Mitarbeitern aus betrieblichen Gründen ohne Rücksicht auf die nach dem Kündigungschutzgesetzes (KSchG) erforderliche Sozialauswahl zu kündigen; dem hat das BAG jetzt einen Riegel vorgeschoben.
Bisher durfte das Arbeitsgericht Ihre Outsourcing-Entscheidung in einem späteren Kündigungsprozess nicht nachprüfen. Nachdem in der Vergangenheit einige „schwarze Schafe“ unter den Arbeitgebern diese Art der Kündigung zur Entlassung von Mitarbeitern ausgenutzt haben, ohne wirklich Arbeitsbereiche auszugliedern, hat das Bundesarbeitsgericht nun Grenzen gezogen.

Eine norddeutsche Rheumaklinik verleitete das Bundesarbeitsgericht dazu, die getroffene unternehmerische Entscheidung über die Ausgliederung eines Betriebsteils auf den Prüfstand zu stellen. Eine als Hauswirtschaftshilfe beschäftigte Mitarbeiterin, die von der Klinik wegen der Auslagerung eines Betriebsteils die Kündigung erhalten hatte, brachte den Mut auf, sich gegen diese Kündigung bis hin zum höchsten deutschen Arbeitsgericht zu wehren. Mit Erfolg.
 
Das Hospital hatte sich entschieden, die betriebseigene Küche und die Reinigung der Klinik auf ein fremdes Unternehmen zu übertragen und die dort beschäftigten Mitarbeiter zu entlassen. Grundsätzlich eine durchaus zulässige Entscheidung, welche die Kündigung der von der Ausgliederung ihrer Arbeitsbereiche betroffenen Arbeitnehmer auch ohne die nach dem KSchG eigentlich erforderlich Sozialauswahl rechtfertigt. Allerdings war das fremde Unternehmen, an das die Rheumaklinik den Küchen- und Reinigungsbetrieb übertrug, nicht wirklich fremd. Die Service-GmbH, welche die stillgelegten Betriebsteile übernehmen sollte, wurde nämlich eigens zu diesem Zwecke gegründet. Die Mehrheit an der neuen Gesellschaft hielt mit 51 Prozent die Rheumaklinik. Außerdem war in dem Gesellschaftsvertrag der „fremden“ Service-Gesellschaft festgelegt worden, dass die jeweiligen Geschäftsführer dieses Betriebes aus der Geschäftsleitung der Rheumaklinik stammen mussten. Schließlich betrieb die neue Gesellschaft ihre Geschäfte in den Räumen des Hospitals und erhielt von der Klinik auch das für den Geschäftsbetrieb erforderliche Inventar.

Das Bundesarbeitsgericht schob solchen „Ausgliederungen“ von Betriebsteilen im Hinblick auf den Kündigungsschutz nun erstmals einen Riegel vor. Zwar sei es eine durch Artikel 12 des Grundgesetzes (GG) geschützte Entscheidung des Arbeitgebers, warum er Abteilungen schließe und deren Aufgaben an fremde Unternehmen übertrage. Sobald der Arbeitgeber die Auslagerung von Unternehmensbereichen allerdings dazu nutze, die gesetzlichen Regelungen zum Kündigungsschutz und die eigentlich gebotene Sozialauswahl bei der Kündigung der betroffenen Mitarbeiter zu umgehen, unterliege die unternehmerische Entscheidung über die Ausgliederung des Betriebsteils einer Missbrauchskontrolle durch die Arbeitsgerichte. Ein Arbeitgeber, der durch die Bildung einer neuen Gesellschaft seinen Betrieb aufspalte, um den betroffenen Arbeitnehmern den Kündigungsschutz zu nehmen und gleichzeitig den nach wie vor bestehenden Beschäftigungsbedarf über die Einstellung neuer Arbeitskräfte in der zu diesem Zwecke gegründeten Gesellschaft zu decken, missbrauche das Gesetz, entschieden die Bundesrichter. Die Folge: Die Kündigung der Hauswirtschafterin ist unwirksam und viele Arbeitgeber in Deutschland müssen bei der Ausgliederung von Abteilungen nun besonders vorsichtig sein.

Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 26. September 2002 – 2 AZR 636/01